Einbuchen, Ausbuchen und Umbuchen
Handover
Signalisierung und Fehlerkorrektur
Erste Zellulare Systeme
Coopers „first Call“
Entwicklung des zellularen Mobilfunks
Die bisherigen Autotelefone waren bereits sehr komfortabel. Man war in der Lage, selbst ein Telefongespräch aufzusetzen ohne das eine Vermittlung notwendig war. Allerdings blieb vor allen ein großer Nachteil. Die Kapazität.
Jede größere Stadt hatte praktisch nur eine Basisstation welche alle Telefonate in einer Umgebung von 50 bis 100 km abwickelte. Eine solche Basisstation konnte hatte wiederum nur eine begrenzte Anzahl von Funkkanälen. Somit konnten nicht viele Gespräche parallel abgedeckt werden.
Die Lösung von diesem Problem wurde schon in den 1947 Jahren bei Bell Labs erforscht. Die Erfinder des zellularen Mobilfunk wie wir ihn heute kennen waren zwei Ingenieure namens Douglas H. Ring and W. Rae Young. Sie beschrieben erstmals das Prinzip in einem technischen Memorandum.

Statt großen Basisstationen braucht man ein Netz kleiner Funkzellen. Eine solche kleinere Funkzelle hat, wenn man kreisförmige oder hexagonale Zellen annimmt, 6 Nachbarn. All diese Nachbarn können und sollen nun nicht auf derselben Frequenz arbeiten, um nicht zu Interferenz und somit zu Störungen zu kommen. Allerdings können Zellen, die nicht direkte Nachbarn sind, die gleichen Frequenzen wieder benutzen. Sind die Zellen mit gleicher Frequenz weit genug entfernt stören sie sich nicht. Nötig ist somit, ein Netz von Funkstationen über das Land auszubreiten und die Frequenzen für dieses Netz sorgfältig zu planen. (Netzwerkplanung). Hierbei müssen die Zellen nicht gleich groß sein. So können in dicht besiedeltes Gebiet viele kleine Zellen aufgebaut werden während auf dem Land große Zellen genügen. Die Größe der Zellen kann durch die Stärke der Sender eingestellt werden.

In den sechziger Jahren wurden solche Szenarien bereits betrachtet, aber es scheiterte an der Technologie die notwendig war solche Zellen zu verwalten (dazu später mehr). Außerdem war der Aufbau eines solches Netzes mit hohen Kosten verbunden. So kam noch 1971 eine Beratungsfirma zu dem Schluss, dass ein zellulares Telefonnetz höchstens 100.000 Nutzer haben würde. Weltweit könnte es vielleicht 200.000 Nutzer geben. Solche Annahmen führten dazu, dass viele Länder und Firmen solche Investitionen scheuten.
Anfang der achtziger Jahre war der Druck nach mehr Kapazität jedoch hoch genug in ein echtes zellulares Netzwerk zu investieren. Inzwischen gab es auch spezielle Antennen, die nicht wie Rundfunkantennen in alle Richtungen strahlen (360°) sondern nur in eine Richtung etwa mit einem Öffnungswinkel von 120° strahlen. Dadurch kann man drei Antennen/Basisstationen auf einen Funkturm unterbringen. Dadurch ist es möglich ein Netz mit deutlich weniger Türmen aufzubauen.


Ein zellulares Netzwerk kommt jedoch mit einigen Problemen. Diese sind
- Zentrale Verwaltung der Teilnehmer
- Übergang zwischen Zellen
- Signalisierung und Behandlung von Signalisierungsfehlern.
Einbuchen, Ausbuchen, Umbuchen
Bislang war ein Telefon in einem bestimmten Gebiet aktiv. Wenn jemand ein mobiles Telefon anrufen wollte, musste er wissen wo sich der Teilnehmer befand.
Wenn man dies vermeiden möchte, ist es zunächst notwendig das es für das Funknetz ein zentrales Register, eine Verwaltung gibt in welchem vermerkt ist ob ein Mobilfunkteilnehmer anrufbar ist und wenn ja, in welcher Zelle. Schließlich kann es hunderte von Zellen geben.
Jedes Mobiltelefon, welches angeschaltet ist, muss sich somit bei dem zentralen Register melden und seinen Standort bekannt geben. Dies sollte natürlich ohne jegliches Zutun des Benutzers geschehen. Umgekehrt, wenn ein Telefon abgeschaltet wird, muss es sich entsprechend im zentralen Register abmelden. So weit so einfach.
Ein zellulares Netzwerk benötigt ein zentrales Register welches die Teilnehmer verwaltet und den Aufenthalt dokumentiert.
Aber was passiert, wenn sich das mobile Telefon bewegt? Es muss alle Basisstationen in der Umgebung beobachten, um zu sehen welche Basisstation für eine Verbindung am besten geeignet ist. Dies Bestimmung kann auch von der Basisstation ausgeführt werden aber auf jeden Fall müssen beide Informationen austauschen. Wird festgestellt, dass das Mobiltelefon den Bereich einer Basisstation verlässt, muss das Mobiltelefon in einer neuen Zelle bzw. Basisstation angemeldet werden. Das Mobiltelefon wird somit von einer Zelle in die neue Zelle weitergereicht. Im englischen spricht man von einem Handover. Somit ist ein Mobiltelefon, selbst wenn es nicht für einen Anruf benutzt, wird stets aktiv. Es sendet und empfängt.
Ein zellulares Telefon ist ständig aktiv auch wenn keine Gespräche geführt werden.
Handover während des Gesprächs
Aber was passiert, wenn ein Gespräch stattfindet und sich der Teilnehmer bewegt. Dies ist in einem fahrenden Auto ja durchaus der Fall. Die Funkkanäle sind nun durch die Sprachübertragung besetzt und trotzdem muss die Funkumgebung beobachtet und ein mögliches Handover durchgeführt werden. Diese Aufgabe geschieht, indem man einen weiteren Kanal neben dem Sprachkanal einführt. Es gibt also einen logischen Kontrollkanal und einen logischen Sprachkanal. Beide sind im gleichen physischen Kanal. Man spricht man von Inband Kodierung.
Die Kunst ist es, mittels der Kontrollkanäle ein Handover zu bewerkstelligen ohne das der Nutzer dadurch gestört wird.
Signalisierung und Fehlerkorrektur
Durch die oben genannten Aufgaben innerhalb eines zellularen Netzwerkes wird klar, dass mehr und mehr Daten zur Steuerung und Kontrolle übertragen werden müssen. Bei einer Funkübertragung ist es jedoch unvermeidbar, dass bei der Übertragung von Daten Fehler auftreten können welche fatale Konsequenzen nach sich ziehen könnten. Beim B-Netz wurden daher die Informationen doppelt übertragen. Beim Empfang der Daten konnte man dann wenigstens feststellen, dass ein Fehler aufgetreten ist. War dies der Fall, wiederholte man die Übertragung.
Dieses Hin und Her war natürlich nicht effizient und in manchen Bereichen auch nicht wirklich akzeptabel. Es wäre besser nicht nur Fehler zu erkennen. sondern auch zu korrigieren. So kann man etwa einzelne Informationsbits dreimal hintereinander übertragen und „die Mehrheit“ entscheiden lassen. Also wenn 1 gesendet werden soll, sendet man 111. Wird nun z.B. 101 empfangen, sieht man, dass das mittlere bit ein Fehler sein muss und kann es korrigieren. Treten jedoch zwei Fehler gleichzeitig auf, etwa 100, so wird der Fehler hin zu einer 0 korrigiert. Das ist nicht optimal und auch die Redundanz, also die Anzahl zusätzlicher bits die man übertragen muss ist sehr hoch. Es gibt jedoch bessere Verfahren. Die folgende Abbildung zeigt eine Fehlerkorrektur mit 3 Informationsbits und 4 Redundanzbits.

Das Schema benutzt drei ineinander liegende Kreise. Jeder Kreis hat vier Sektoren in welchem ein Bit liegen kann. Die Inforationsbits liegen zwischen jeweils zwei Kreisen. Die Redundanzbits liegen in den Kreisen und im Feld, indem sich alle drei Kreise überlappen. Nehmen wir als Übertragungswert 110. Dann schreiben wir diese Werte an die entsprechenden Positionen. Die Redundanzbits werden nun so errechnet, dass stets zwei 1 Bits und zwei 0 Bits pro Kreis vorliegen. In unserem Fall wären 0101.
Beim Empfang prüft man nun die Regel mit 2-mal 0, und 2-mal 1 pro Kreis. Ist das korrekt wurde richtig übertragen. Ist ein Bit jedoch gekippt, z.B. 100, so kann man erkennen das der Kreis oben links und der Kreis unten einen Fehler haben. Der Kreis oben rechts ist jedoch korrekt. Deshalb muss das Bit zwischen den „falschen Kreisen“ fehlerhaft sein und kann korrigiert werden.
Parallel zur Übertragung oder auch Speicherung von digitale Daten entwickelte sich Fehlerkorrektur.
Wenn ein Redundanzbit kippt, kann dies auch erkannt werden und korrigiert werden. Erst bei zwei falsch übertragenen Bits wird zwar ein Fehler erkannt, kann aber nicht korrigiert werden.
In den sechziger Jahren entwickelte man Algorithmen zur Fehlerkorrektur. Dies geschah von Mathematikern, die sich mit komplexen algebraischen Problemen beschäftigten. Ein Beispiel für Fehlerkorrektur sind die BCH codes (Bose-Chaudhuri-Hocquenghem-Codes). Diese können aus langen Übertragungen je nach Redundanz viele Fehler korrigieren.
Ein Pionier in der Anwendung von Fehlerkorrigerenden Codes wie dem BCH war die Compact Disc welche Ende der siebziger Jahren von Philips und Sony entwickelt wurde. In diesem Fall verhindert die Fehlerkorrektur ein „Knacksen“ beim Abspielen einer CD, wenn diese z.B. einen Kratzer hat.
Erste Zellulare Systeme
Wie bereits bei MTS und IMTS war auch bei den zellularen Systemen die Bell Laboratories das führende Institut bei der Entwicklung eines neuen Standards. Obwohl man bereits 1947 das zellulare System beschrieben hatte ruhte die Forschung an solchen Systemen für fast zwei Jahrzehnte. Es mangelte an der notwendigen Technologie zur Verwirklichung. Ab 1968 arbeitete man jedoch wieder an einer genaueren Spezifikation eines zellularen Systems. Ein Team von drei Ingenieuren Richard H. Frenkiel, Joel S. Engel und Philip T. Porter legten 1971 einen Vorschlag vor. Weitere Arbeiten mündeten in einen Standard welcher Advanced Mobile Phone System (AMPS) genannt wurde.
1975 erhielt AT&T eine Lizenz für ein AMPS basiertes Telefonnetz in Chicago. Dieses ging 1978 in Betrieb. Motorola erhielt eine Lizenz für Baltimore-Washington. Es dauerte jedoch noch bis 1983 bis AMPS kommerziell in den USA in allen Städten und Bereichen eingeführt wurde.
Das erste kommerzielle zellulare System ging bereits 1979 in Japan an den Start. Dort definierte der Staatskonzern NTT einen Standard namens HCS, (high-capacity system). Später war NTT auch der Betreiber des entsprechenden Netzes.
Kurz nach NTT starteten die skandinavischen Länder 1981 mit NMT (Nordic Mobile Telephone) ein fortschrittliches zellulares System. Getrieben durch den schwedischen Netzbetreiber Televerket arbeitete man bereits ab 1969 an der Schaffung des NMT Standards. Bereits 1975 standen die Grundzüge des Standards fest so dass mit der Entwicklung der Komponenten begonnen werden konnte.
England adaptierte das AMPS System welches man 1985 als TACS einführte. wurde. Deutschland ging einen eigenständigen Weg und definierte einen völlig unabhängigen eigenen Standard welcher 1985 als C-Netz in Betrieb ging.
Coopers „Cellular Call“
Heute wird die Geburtsstunde des Mobilfunks oft mit einem ersten Anruf von Martin Cooper in Verbindung gebracht.
Anfang der siebziger Jahre hatte AT&T ein Monopol im Telefonnetzwerk. Es besaß die Fernvermittlung und auch die meisten lokalen Telefonanbieter. Außerdem war AT&T vertikal integriert, d.h. sie betrieben nicht nur alle Netzwerke sondern bauten auch die Infrastruktur und die Endgeräte. Als durch Bell Laboratories auch noch der AMPS Standard definiert wurde war die FCC gewillt AT&T als einzigem Betreiber eine Mobilfunklizenz zu erteilen.
Dies rief Motorola auf den Plan welche ebenfalls Ambitionen für Mobilfunk hatten, vor allen weil sie bereits für MTS und IMTS Geräte gebaut hatten. 1973 baute ein Motorola Team um Martin Cooper ein hochmodernes und noch dazu tragbares Handgerät um einen Anruf ins Festnetz zu demonstrieren. Dies war jedoch nur ein Prototyp und es gab noch keinerlei Netze um einen „Cellular Call“ zu machen. Stattdessen baute Motorola auch eine Basisstation die sie in New York an das Netzwerk anschlossen.
Am 3. April 1973 rief Martin Cooper über den Prototypen und der Basisstation einen Kollegen von AT&T an. Das war vor allem dafür gemacht um die FCC zu beeindrucken, was letztlich auch gelang. Motorola erhielt eine Testlizenz 1977 für die Baltimore-Washington Area. Seitdem gilt der 3. April 1973 als „Geburtsstunde“ des Mobilfunk was eigentlich völliger Unsinn ist. Erst vor kurzem am 3. April 2023 wurde der 50. Jahrestag dieses Events in den Medien gefeiert.

