Wideband CDMA
Orthogonal Variable Spreading Factors (OVSF)
Kanalstruktur und Synchronisation bei UMTS
Synchronisation bei UMTS
Vorteile von W-CDMA gegenüber GPRS/EDGE
Einführung von UMTS
UMTS Lizenzvergabe
Entwicklung erster UMTS Geräte
Der 3G Nachfolger von GSM hieß UMTS. Im Folgenden wird dieser Standard näher beschrieben.
UMTS Terrestrial Radio Network (UTRAN)
Mit 3G kommt ein neues Zugangsnetzwerk. Der bisherige GSM-Zugang über Basestation mit der Base Transceiver Station und dem Base Station Controller konnten nicht mehr verwendet werden. Es bedurfte eines parallelen neuen Zugangsnetzwerks dem UMTS Terrestrial Radio Network (UTRAN).
Um sich von GSM Komponenten zu unterscheiden, gab es neue Namen für die verschieden Elemente. Die Base Transceiver Station nannte sich nur Node-B (Netzknoten B). Das Endgerät hieß nicht mehr Mobile Station (MS) sondern Nutzer Gerät, User Equipment (UE).

Durch W-CDMA kann man, wie wir unten sehen werden, sowohl Packet Data als auch Sprache übertragen. Daher bedarf es nicht einer speziellen Packet Control Unit wie bei GPRS. Die Kontrolle der der Node-B geschieht mittels eines neuen Radio Network Controllers (RNC).
Wideband CDMA
Kernelement von UMTS ist W-CDMA. CDMA als Technologie wurde bereits als IS-95 besprochen. Für UMTS entschied man sich jedoch zu einer deutlich höheren Bandbreite, statt 1,25 MHz hat W-CDMA eine Bandbreite von 5 MHz (daher Wideband). Da Bandbreite direkt mit Bitrate bzw. Chiprate zusammenhängt hat W-CDMA eine feste Chiprate von 3,84 MChip/s.
Wesentlich für die Anzahl der Kanäle als auch der wirklichen Übertragungsbitrate ist der sogenannte Spreading Faktor (SF), also die Länge einer Sequenz mit der die Daten gespreizt werden. Hierbei gilt, je höher der SF ist, desto besser werden die Bits geschützt und umso mehr Kanäle können gleichzeitig übertragen werden. Allerdings ist dann die Bitrate niedrig. Höhere Bitraten erkauft man sich im Gegenzug durch geringeren Schutz der Bits und durch eine geringere Anzahl an möglichen Kanälen.
Bei IS-95 dienten Walsh-Funktionen zur Spreizung und zwar mit einer Länge von 64. Dadurch ergab sich eine feste Datenrate. Wie im IMT Kapitel beschrieben haben wurde diese später auf 128 verlängert.
Orthogonal Variable Spreading Factors (OVSF)
Bei W-CDMA entschied man sich für einen flexiblen Ansatz gewählt, d.h. der Spreading Faktor war variabel. Zu diesem Zwecke benutzt man eine ganze Reihe von Codes welche man als Orthogonal Variable Spreading Factors (OVSF) bezeichnet. Für jeden SF gibt es ein Set von Spreadern welche die gleichen Orthogonale Eigenschaften wie die Walsh Codes haben und sich somit für CDMA eignen. Die OVSF sind in der folgenden Abbildung bis zu eine SF von 8 gezeigt. Für W-CDMA gehen die SF bis 256 als maximale Spreizungslänge.

Die OVSF haben eine Baumstruktur. D.h. Aus C(1,1) entwickelt sich C(2,1) und C(2,2). Aus C(4,3) entwickelt sich C(8,5) und C(8,6).
Datenraten
Einzelne Nutzer können nun je nach Bedarf an Übertragungsrate unterschiedliche SF-Grade zugeordnet werden. Hierbei ist der niedrigste Grad SF = 8. Dieser kann 32-mal genutzt werden bis er die Länge von 256 erreicht. Allerdings können größere SF Grade welche hinter dem genutzten Code entstehen dann nicht mehr für andere Nutzer genutzt werden. Somit ist es möglich unterschiedliche Bitraten zu übertragen, wie die folgende Tabelle zeigt.
| Spreizfaktor | Datenrate (kbit/s) | Datenrate nach Kanalkodierung (kbit/s) | Anwendung |
| 8 | 960 | 384 | Packet Data |
| 16 | 480 | 128 | Packet Data |
| 32 | 240 | 64 | Packet Data/Video |
| 64 | 120 | 32 | Packet Data |
| 128 | 60 | 12, 28 | Sprache, Packet Data, Location Update, SMS |
| 256 | 30 | 5, 15 | Sprache |
Somit ergibt sich bei eine Spreizfaktor von 8 eine maximale Datenrate von 384 kbit/s. Dies ist die höchste Rate welche UMTS R99 liefern kann.

Wie bei IS-95 erfolgt eine Spreizung mit OVSF-Codes und gelangt daraufhin bereits auf die finale Chiprate von 3,84 MChip/s. Daher folgt ein sogenanntes Scrambling mit einem Pseudo Noise Folge. Diese sorgt vor allen dafür, dass es zu einer optimalen spektralen Verteilung des Signals kommt. Außerdem dient die verwendete PN-Folge der Identifikation. Somit hat Spreading und Scrambling im Downlink und Uplink verschieden Funktionen.
Im Downlink von der Basisstation zum Endgerät dient der OVSR-Code, um die Datenrate zu setzen und auch um den Nutzer zu identifizieren. Das Scrambling wird benutzt, um die Basisstation zu identifizieren.
Im Uplink vom Endgerät zur Basisstation dient das Spreading mit OVSR-Signal lediglich zur Identifizierung des Datenrate. Die Teilnehmer unterscheiden sich mit dem Spreading Signal.
Kanalstruktur und Synchronisation bei UMTS
Bei GSM waren, die die ersten der acht Zeitschlitze für Kontrollkanäle reserviert. Die Zuordnung ist einfach. Bei IS-95 wurden die Kontrollkanäle durch feste Walsh Codes festgelegt. Bei UMTS ist die Organisation der Kanäle etwas komplizierter. Zunächst unterscheidet man drei Ebenen
- Logische Ebene:
beschreibt die Informationen die übertragen werden sollen. - Transport Ebene:
hier werden die Kontrolldaten vorbereitet und entsprechend der folgenden Ebene Kanalkodiert - Physikalische Ebene:
Dies sind die tatsächlichen benutzten Kanäle, welche sich durch unterschiedliche Kodes unterscheiden
Es gibt zwei Kanäle in denen Informationen verteilt werden.
Primary Common Control Physical Channel P-CCPCH: Dieser Kanal dient um Informationen über die Zelle und seine Umgebung zu kommunizieren. Der P-CCPCH sendet mit dem einfachen Code 256,1, also nur 1 vor dem Scrambling.
Secondary Common Control Physical Channel P-CCPCH: In diesem Kanal liegt wird das Paging übertragen (Logischer Paging Channel PCH) über welche eine ankommende Verbindung signalisiert wird. Weiterhin liegen auf diesem Physikalischen Kanal auch schnelle Kontrollinformationen (Fast Associated Control Channel) etwa für einen Verbindungsaufbau.
Die folgenden Kanäle dienen zur Datenübertragung.
Dedicated Physical Data Channel (DPDCH): Dies ist der Traffic Channel für Sprache und Packed Data und enthält parallel Kontrollinformationen (Dedicated Control Channel) um etwa Informationen über Empfang und bevorstehenden Zellwechsel vorzubereiten. Wie beschrieben unterscheiden sich die Kanäle durch entsprechende Spreading Codes.
Dedicated Physical Control Channel (DPCCH): Dies ist ein extra Kontrollkanal zur Steuerung der Sendeleistung. Wie bei IS-95 muss auch UMTS die Sendeleistung schnell regulieren (1500 mal pro sekunde). Siehe hierzu bei IS-95 das Nah-Fern Problem.
Um Uplink sind neben dem DPDCH und dem DPCCH der folgende Kanal definiert:
Physical Random Access Channel (PRACH): Über diesen Kanal initiiert das Mobile Endgeräte eine Verbindung zum Netzwerk.
Synchronisation bei UMTS
Bevor eine Verbindung zwischen UE und Nobe-B hergestellt werden kann muss synchronisiert werden. UMTS ist in eine Frame Struktur eingebettet welche aus 15 Slots (Zeitschlitzen) besteht. In jedem Slot sendet die Nobe-B 2560 Chips. 15 Slots dauern somit 10 ms. Die ersten 256 Chips der Slots bilden zwei spezielle Synchronisationskanäle, den Primary Synchronization Channel P-SCH und den Secundary Synchronization Channel S-SCH. Auf dem P-SCH senden alle Node-B die gleiche Synchronisationssequenz. Dadurch ist es möglich für das Mobile Gerät mit den Slots zu synchronisieren, indem sie das Eingangssignal der stärksten Node-B mit der bekannte Sequenz autokorrelieren (vergleichen).
Ist der Slot-Beginn detektiert, wird der S-SCH dekodiert in welchem 15 verschiedene, bekannte Sequenzen gesendet werden. Dadurch kann man den Beginn eines Frames detektieren. Ist dieser bekannt, kann mit einem weiteren Hilfskanal, dem C-PICH (Common Pilot Channel) die PN-Sequenz der Node-B identifiziert werden. Hierbei gibt es 64 verschieden PN-Sequenzen, mit denen eine Node-B senden kann. Ist die PN-Sequenz bekannt dekodiert man endlich den P-CCPCH und erhält dadurc alle notwendigen Informationen für ein Anmelden im Netz.
Vorteile von W-CDMA gegenüber GPRS/EDGE
Ein wesentlicher (und natürlich zu erwartender) Vorteil von UMTS gegenüber GPRS/EDGE ist natürlich die Datenrate. UMTS erlaubt Datenraten von bis zu 384 kbit/s. Allerdings kann unter günstigen Umständen auch EDGE-Datenraten von bis zu 236,8 kbit/s erreichen. Somit stellt UMTS nicht wirklich einen Quantensprung in der Übertragungsgeschwindigkeit dar.
Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch in der Reaktionszeit bei einer Interaktion im Netzwerk. Bei GPRS ist die Herstellung einer Paketvermittlung aufwendig und zeitraubend. So dauert es im Schnitt 500 – 1000 ms (also bis 1 Sekunde) bis das Netzwerk auf eine Anforderung reagiert. Dies wird bereits beim Arbeiten im Internet als sehr hinderlich bzw. störend angesehen. Dies verschlimmert sich noch wenn es zu einem Zellwechsel kommt. Hier kann es zu einer Unterbrechung von mehreren Sekunden kommen. Grund für diese Reaktionszeiten liegt daran, dass die Kanäle für die Übertragung immer wieder frei gegeben werden müssen, um Kapazität zu sparen. Sind die Kanäle vergeben müssen sie dann erst wieder neu aufgebaut werden.
Der größte Vorteil von UMTS gegenüber GPRS/EDGE lag in der Antwortgeschwindigkeit welche deutlich reduziert wurde.
Bei W-CDMA ist es möglich die Kanäle viel länger aufrecht zu erhalten, ohne die Kapazität sofort zu beeinflussen. Es stehen genügend Codes zur Verfügung. Notfalls weicht man auf Codes mit einem großen SF zurück. Dadurch ist die Reaktionszeit deutlich kürzer bei etwa 200 ms.
Einführung von UMTS
Wie beschrieben wurde der erste UMTS-Standard als R99 Ende 1999 verabschiedet. Zu dieser Zeit herrschte eine Euphorie, was Mobilfunk anging. Jedes Jahr kamen neue innovative Geräte auf den Markt mit immer neuen Funktionen und Möglichkeiten (siehe Feature Phone). Mobilfunk schien sich zu einer Gelddruckmaschine zu entwickeln.
So versprach UMTS zunächst eine goldene Zukunft. Man erwartete kurzfristig die folgenden Funktionen auf dem Mobiltelefon.
- „Echtes Internet Browsing“ (jenseits von WAP)
- Videotelefonie
- Standortbezogene Dienste (wie Navigation etc.)
- Fernsehen
UMTS Lizenzvergabe
Euphorie herrschte auch bei den Nationalen Organisationen welche die Lizenzen für die neuen UMTS-Bänder vergaben. So wurden etwa in Deutschland (wie auch in anderen europäischen Ländern) die Frequenzbereiche versteigert. Sechs Parteien ersteigerten sich in Deutschland Frequenzen und zahlten dafür annähernd 50 Milliarden Euro. Jeder Mobilfunkbetreiber musste nicht nur die rund 8 Milliarden für die Lizenz bezahlen, sondern sich auch verpflichten innerhalb von 2 Jahren ein Netz zu installieren. In Regierungskreisen witzelte man damals UMTS stehe für Unerwartete Milliarden zur Tilgung von Staatsschulden.
50 Milliarden Euro! Nimmt man (sehr optimistisch) an, dass man 50 Millionen Nutzer für UMTS-Dienste gewinnen kann, so muss man 1000 Euro pro Nutzer erwirtschaften um überhaupt die Kosten für die Lizenzen zurückzuerhalten. Hierbei war noch nicht berücksichtigt, dass man ein komplett neues Mobilfunknetz installieren musste, eine weitere noch höhere Milliarden Investition. Im Nachhinein fragt man sich welche Geschäftsmodelle bei den Mobilfunkbetreibern zugrunde lagen. Tatsächlich gaben in Deutschland dann auch 2 Teilnehmer auf und gaben ihre Lizenzen zurück. (Welche dann später neu vergeben wurden).
Im März 2000 platzte die sogenannte dotcom Blase und mit ihr der Glaube an das unbegrenzte Wachstum von digitalen Internetdiensten.
Ein Grund für den Optimismus war wohl der absolute Glaube an den Erfolg des Internets und den damit verbundenen Unternehmen. Die Aktienkurse der Unternehmen, die damit in Verbindung standen, schossen auf ungeahnte Höhen und erreichten den Höhepunkt im März 2000. Dann begannen die Aktienkurse auf einmal zu fallen und schließlich abzustürzen. Man sprach vom „Platzen der DotCom Blase“. Viele Unternehmen mussten Insolvenz anmelden oder Mitarbeiter entlassen um zu überleben. Es war keine gute Zeit für Investitionen. Der Niedergang setzte sich bis 2003 fort und es sollte noch 15 Jahre dauern, bis die Technologie Kurse wieder den Stand von 2000 erreichten.

Entwicklung von ersten UMTS Geräten
Für Entwickler von Chips und Endgeräten war UMTS eine große Herausforderung. Es mussten neue Basisband Schaltungen entwickelt werden, die neben der GSM-Funktionalität auch die UMTS-Funktionalität zur Verfügung stellen musste. Für einige Hersteller war die Entwicklung von CDMA basierten Empfängern und Sendern Neuland und erforderte viel Aufwand.
Bessere Voraussetzung hatte hier Qualcomm. Diese beherrschten die CDMA-Technologie durch IS-95 und konnten es schnell auf W-CDMA erweitern. Außerdem war es für Qualcomm einfacher GSM-Funktionalität in ihre Chipsets zu integrieren als umgekehrt für die Europäer W-CDMA in GSM-Chipsätze. Bereits 2002 kam der MSM6200 und wurde eine dominierende Systemlösung für UMTS. Somit gelang zumindest für die Chipsets Qualcomm der Einstieg in die Europäischen Systeme und Qualcomm entwickelte sich zum führenden Hersteller von Basisbandprozessoren.
Für alle (übrigen) Hersteller war vor allen die Systementwicklung von UMTS eine große Herausforderung. Es musste nicht nur die Hardware gebaut und beherrscht werden, die SW bzw. die sogenannte Firmware welche z.B. auf dem DSP lief wurde zu einem großen Problem.
Es war auch die generelle Frage, wann und ob sich eine große Investition in UMTS überhaupt lohnt. Würde es überhaupt einen Markt für Endgeräte geben? Warum sollte sich ein Nutzer, der bisher ein GSM-Telefon benutzt hat, ein UMTS-Gerät kaufen? Erschwerend kam hinzu, dass UMTS kein globaler Markt war. UMTS-Geräte waren außerhalb Europas nicht nutzbar da unterschiedliche Frequenzen genutzt wurden. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit war berechtigt und sie war offen. Es fehlte die „Killerapplikation“ welche die Nutzer überzeugen sollte die neue Technologie zu nutzen und vor allen dafür zu zahlen.
Start des UMTS Netzes
So dauerte es bis 2004 bis das UMTS Netz in Deutschland in Betrieb genommen wurde und die ersten Mobilfunkgeräte auf dem Markt kamen. Es gab zunächst nur wenige Telefone, die sich nicht wesentlich von normalen GSM-Geräten unterschieden. Sie waren eher schwerer und vor allen teurer. Als besondere Eigenschaften hatten sie z.B. Videotelefonie. Diese funktionierte jedoch nur mit einem weiteren UMTS-Endgerät unter günstigen Umständen und zu einem hohen Preis. 2005 nutzten nur 2,5% der Mobilfunkteilnehmer UMTS. Selbst 2007 war der Anteil erst auf 10% gewachsen. Konkurrenz gab es auch durch das aufkommende WLAN welches sich mehr und mehr durchsetzte und auch öffentlich in sogenannten HotSpots zur Verfügung stand. WLAN hatte deutlich höhere Bitraten als UMTS und war praktisch kostenlos. UMTS musste also auch in Bezug auf Leistung (Geschwindigkeit) nachlegen.
