Siegeszug des Radio

Quarzoszillatoren
Kleiner und Mobiler
Radio und Propaganda
Frequenzmodulation
Sprechfunk
Das erste Handsprechgerät

Entwicklung der Radioübertragung

99 Kanäle für das Radio

Anfang der zwanziger Jahre gab es die ersten Sender für Radioprogramme. Als es 1921 wieder möglich war in Amerika Funklizenzen zu erwerben gab es nur zwei Frequenzen. 833 kHz und 619 kHz. Ein Jahr später kam 750 kHz dazu. Allerdings stieg die Zahl der Rundfunkanbieter so stark, dass drei Frequenzen nicht reichten. Man entschied sich ein ganzes „Band“ von Frequenzen für Lizenzen zu reservieren. Bei der zweiten amerikanischen nationalen Radiokonferenz entschied man, die Frequenzen 500 kHz bis 1500 kHz zu benutzten. Diese teilte man in Einheiten von 10 kHz. Eine Lizenz bezog sich somit auf 10 kHz in diesem Band. Die maximale Leistung war auf 1 kW begrenzt, dass sich weit entfernte Sender mit gleicher Frequenz nicht störten.

In Europa ging man ähnliche Wege. Hier bestimmte 1925 eine europäische Konferenz in Basel das Band von 500 bis 1500 kHz in 99 Kanäle einzuteilen. 77 davon vergab man fest an verschieden europäische Städte. Dort konnte mit starken Sendern gearbeitet werden. Die restlichen 22 Frequenzen verwendete man mehrmals für kleinere Sender. Wegen dieser Einschränkungen gab es 1929 in Europa lediglich 100 Sender und viel Unmut, weil es keinen Fortschritt zu geben schien der zu mehr Angeboten führte. Auch eine Rasterung mit 9 kHz ergaben keine große Erleichterung. Die Sender in Europa waren fast alle unter staatlicher Kontrolle. Private Sender gab es nur in den USA.

Um die Vergabe von Lizenzen für den Funk zu verwalten gründete die amerikanische Regierung 1934 eine Kommission, die FCC, die Federal Communications Commission. Diese mächtige Kommission regelt bis zu heutigen Tag alle Fragen der Funkkommunikation in den Vereinigten Staaten.

Quarzoszillatoren

Ein Problem bei Radiosendern waren die Oszillatoren. Die Schwingkreise waren empfindlich und wichen etwa bei Temperaturänderung etc von der gewünschten Frequenz ab. Abhilfe schafften sehr bald schon Quarze. Schon im 19. Jahrhundert kannte man den Effekt, dass sich Quarze unter elektrischer Spannung komprimieren oder expandieren. Umgekehrt erzeugt ein Quarz, den man unter mechanischen Druck setzt eine elektrische Spannung. Diesen Effekt nennt man Piezoelektrizität. Anfang der zwanziger Jahre gelang es auf diese Weise Quarze zum Schwingen zu bringen. Man koppelte den Quarz mit einem aktiven Schwingkreis welcher die gleiche Frequenz wie die Quarzschwingung hatte. Es stellte sich heraus, dass diese Schwingungen sehr stabil waren. 1934 gelang es bei den Bell Laboratorien eine Quarzangetriebene Uhr zu bauen. Diese war die bislang genauste Uhr der Welt. 

Die Hauptanwendung der Quarzoszillatoren war jedoch in der Radiotechnologie, vor allen bei der Frequenzstabilisierung der Sender. Bis in die Vierziger Jahre wurden ausschließlich natürliche Quarze verwendet, die meisten kamen aus Brasilien. Erst danach begann man künstliche Quarze herzustellen und schaffte es auch sehr kleine Oszillatoren zu bauen.

Unterschiedliche Kristall-Oszillatoren, zwischen 1930 und heute

Kleiner und Mobiler

In den zwanziger Jahren lag die Innovation der Funktechnologie vor allen in der Verbesserung der Elektronik. Neue, effizientere Schaltungen entstanden und neue Röhren kamen auf den Markt, billiger und günstiger im Stromverbrauch.

Dies führte dazu, dass man begann einen weiteren wachsenden Wirtschaftszweig, die Automobilindustrie mit der Radiotechnologie zu verbinden. Es entstanden die ersten Autoradios. Zunächst nur einzelne Prototypen aber dann 1930/31 erste Serienmodelle. Bekannte Namen waren z.B. Blaupunkt die später zum führenden deutschen Hersteller von Autoradios werden sollten. In Amerika stellte die Firma Galvin Manufacturing Corporation ein Autoradio her, welches sie Motorola nannten. (ein Kunstwort von Motor und Ola = Welle). Das Radio wurde so populär, dass sich die Firma selbst in Motorola umbenannte.

Motorola Autoradio. Das Radio wird mobil.

Radio und Propaganda

Radioempfang war in den zwanziger Jahren eine Angelegenheit für Bastler, die mit Kristalldetektoren und Kopfhörern arbeiteten. In den dreißiger Jahren gab es Fortschritt mit komplexen Röhrenschaltungen, Verstärkern und somit Lautsprechern. Allerdings waren Empfangsgeräte teuer.

Die Nationalsozialisten in Deutschland erkannten allerdings den Wert des Radios als Instrument der Propaganda. Neben den Zeitungen war das Radio das beste und effektivste Instrument zur Verbreitung von Nachrichten. Daher förderten sie gezielt die Entwicklung günstiger Radioempfänger für den nationalen Empfang von Sendungen. Das Resultat war der sogenannte Volksempfänger. Diesen konnten sich auch Arbeiter leisten. 1939 konnte praktisch jeder in Deutschland Radio hören. Dies trug tragischerweise zur Verbreitung der Nationalismus bei.

Radioempfänger der dreißiger Jahre (Volksempfänger) Quelle: Wikipedia

Im zweiten Weltkrieg entstand durch England eine Radiogestützte Gegenpropaganda. In England entstand 1932 der BBC World Service welcher Information in das gesamte britische Empire sendete. Sendungen begannen mit der charakteristischen Einleitung „This is London Calling“. Dieser Service wurde auch mit fremden Sprachen verbreitet, ab 1938 auch in deutscher Sprache.  Während des Krieges galt der BBC als verlässliche Quelle der wirklichen Situation. Das Hören von BBC war in Deutschland bei Todesstrafe verboten.

Frequenzmodulation

In den zwanziger Jahren war das Radio die Technologie, welche die Bevölkerung in Atem hielt. Wer es sich leisten konnte erwarb ein Radiogerät und verbrachte viel Zeit mit dem Hören von Nachrichten, Konzertmusik und Unterhaltungsmusik. Allerdings war die Qualität der Sendungen eher schlecht. Dies kam nicht nur daher, dass die verminderte Bandbreite der Audiosignale alles dumpfer klingen ließ, sondern auch daran, dass die Amplitudenmodulation sehr störempfindlich ist. Atmosphärische Störungen und vor allem Gewitter waren in den Radiosendungen stark zu hören und verdeckten oft die Sendungen von entfernteren Sendern.

Der große amerikanische Radiopionier Edwin Armstrong erkannte früh, dass eine andere Modulationsart Verbesserung bringen würde, die Frequenzmodulation. Statt die Amplituden des Sendesignals zu modulieren, veränderte man die Frequenzen. Hierzu brachte man ein Element in den Schwingkreis, welches die Kapazität, gesteuert durch die Modulationsfrequenz des Nutzsignals, variieren konnte. Hierfür gab es Elemente wie z.B. Kapazitätsdioden.

Allerdings gab es Hindernisse. Frequenzmodulation brauchte mehr Bandbreite. Somit konnte es nicht einfach die existierende AM Kanäle ersetzen. Statt 9 – 10 kHz benötigte Frequenzmodulation 40 MHz. Hierfür gab es keine öffentlichen Bänder. Frequenzmodulation wurde jedoch ein Kandidat für eine neue Technologie, welche in den dreißiger Jahren heranreifte, das Fernsehen. Dadurch bekam Armstrong die Gelegenheit seine Frequenzmodulation im Empire State Building von New York zu demonstrieren. Tatsächlich war die Qualität im direkten Vergleich zur Amplitudenmodulation deutlich besser und überzeugten viele Kritiker. Allerdings konnte man sich nicht auf einen Fernsehstandard einigen und die einsetzende große Depression verlangsamte die weiteren Schritte. Außerdem gab es kein großes Interesse von den großen Radioherstellern eine neue Radiotechnologie einzuführen. Sie wollten die Amplitudenmodulation weiter ausbauen und daran verdienen.

Die aufkommende Fernsehtechnologie stand in somit in Konkurrenz zur Frequenzmodulation für den Rundfunk. Man stritt um notwendige Frequenzbereiche um 40 MHz. Das Radio zog dabei stets den Kürzeren da man mehr Geschäft in der Fernsehindustrie sah. Endlich gab es erst 1945 eine Einigung mit der FCC das Frequenzmodulation im Frequenzbereich von 88MHz -106 MHz senden durfte. Dies ist der sogenannte UKW (Ultra Kurzwelle) Bereich, der noch bis heute für analoges Radio benutzt wird. In Deutschland spricht man von UKW-Radio. In den englischsprachigen Ländern setzte sich das Kürzel FM für Frequenzmodulation durch.

Sprechfunk

Die zwanziger und dreißiger Jahre waren durch die Entwicklung und die Verbreitung des Radios bestimmt. Radioübertragungen waren wichtig. Die Idee welche etwa Fessenden bei seiner ersten Amplitudenmodulation noch hatte, drahtlose Telefongespräche zu führen war in den Hintergrund getreten. Zum einen schien es nicht den nötigen Bedarf zu geben, da das Telefonnetz noch immer im Ausbau war, zum anderen gab es auch noch nicht die notwendigen Technologie und vor allen nicht die notwendigen Frequenzen.

Das Walkie Talkie

1937 war es ein Engländer namens Donald Hings, dem es gelang einen kompletten Empfänger und einen Empfänger in einen tragbaren Kasten unterzubringen. Dies war eine Herausforderung, weil natürlich die Elektronik mehrere Röhren und die zugehörigen Batterien enthalten mussten. Denn das „Sprechgerät“ sollte ja mobil und möglichst tragbar sein. Hings Anwendung war zunächst, dass ein Pilot in einem Flugzeug mit einer Person auf der Erde sprechen konnte. 

Donald Hings 1943. Quelle: Rosslandmuseum.ca

Hings meldete das Sprechfunkgerät im September 1939 in Canada zum Patent an. Als er das Patentamt verließ hörte er die Nachricht, dass Krieg in Europa ausgebrochen war. Er stellte sein Sprechfunkgerät dem britischen Militär vor. Dort wurde der Nutzen sofort klar und man begann das Gerät in großen Stückzahlen zu bauen. Man konnte es wie ein Rucksack auf dem Rücken tragen. 1943 wurde das Gerät in Toronto der Öffentlichkeit vorgestellt. Angeblich interviewte man dabei einen Soldaten. Er meinte man könne damit sprechen, während man läuft. Somit wurde es von der Presse „walkie-talkie“ genannt. Noch immer nennt man Sprechfunkgeräte, nicht nur in englischsprachigem Raum, walkie-talkies.

Roger, Over and Out

Der Sprechfunk funktionierte mit Amplitudenmodulation und mit nur einer Frequenz. D.h. es konnte immer nur ein Teilnehmer sprechen und nicht wie beim Telefon zur gleichen Zeit sprechen und hören. Dies verlangte einige Disziplin. Man formulierte nur kurze Nachrichten und beendete sie mit dem Wort „Over“. Der Empfänger bestätigte gegebenenfalls den Empfang mit „Roger“. Roger war im Englischen das Codewort für das „R“ welches für „Received“ also für Verstanden oder Empfangen stand. Wenn man mit der Kommunikation fertig war (also quasi „auflegte“) sagte man „Over and Out“.

Außer diesen Codewörtern brauchte man auch eine Art gesprochenes SOS für Notfälle. Dieser Notruf wurde in den zwanziger Jahren bereits definiert. Der Legende nach hatte ein Engländer einen Sprachruf von einem französischen Sender empfangen. Der Franzose rief „m´aider“ also „helft mir“. Der Engländer hörte jedoch „May Day“ und konnte damit nichts anfangen. Als dieser Engländer gebeten wurde ein Codewort für SOS zu suchen schlug er „May Day“ vor. Seitdem funkt jeder der in äußerster Gefahr ist dreimal hintereinander Mayday-Mayday-Mayday. 

Tragbares Walkie-Talkie im zweiten Weltkrieg. Quelle: Canadian War Museum

Das erste Handsprechgerät

Auf der amerikanischen Seite arbeitete die Firma Motorola für das Militär an einem Funkgerät für den Einsatz im zweiten Weltkrieg. Auch sie bauten ein Walkie Talkie.

Das SCR300 wog 16 kg und wurde von einem Soldaten wie ein Rucksack auf dem Rücken getragen. Wie alle tragbaren Radios hatte es zwei Batterien, eine 1,5 V und eine 105 V Batterie. Die zweite Batterie war nur für die Heizung der Röhren zuständig. Die neuste Radiotechnologie fand Einsatz, nämlich eine Frequenzmodulation bei sehr hohen Frequenzen. 8 Meilen weit konnte man damit funken und die Batterien hielten etwa 40 Stunden.

Motorola SRC300 mit einem amerikanischen Soldaten. Quelle: Warfare History Network.

Aber Motorola baute noch ein weiteres Walkie-Talkie welches so klein war, dass es wie ein Telefonhörer ans Ohr gehalten werden konnte. Es war 2,3 kg schwer und erlaubte eine sehr einfache Handhabung im Feld. Es hatte spezielle kleine Röhren wie sie auch in neumodischen tragbaren Radios verwendet wurden. Vier Röhren dienten dem Senden, zum Empfangen alle fünf. Das Gerät konnte zwar auf vielen Kanälen arbeiten war aber im Feld fest auf einen Kanal eingestellt. Wenn man die mehr als 1 Meter lange Antenne zog, war das Gerät eingeschaltet und auf Empfang. Durch Drücken einer großen Taste schaltete man auf Senden um. „Push to Talk“.

Im Feld erwies sich dieses Gerät als bedingt tauglich da es sehr empfindlich war und nicht weiter als 1-2 Kilometer Reichweite besaß. 

Motorola Walkie-Talkie SCR-536. Quelle: Armyradio.wiki