Die Tastatur
Anzeige
Speicher
Logic für Ablaufsteuerung
Phase Locked Loop und Frequenzsynthese
Signalisierung über Funkkanal
Das B-Netz
IMTS
Erste Automatisierung des Mobilfunks
Was geschah in den sechziger Jahren mit den Autotelefonen? Zunächst einmal verbesserte sich die Elektronik zum Senden und Empfangen. Nach und nach ersetzten leistungsfähige Transistoren die anfälligen Röhren. Das ermöglichte kleiner und kostengünstigere Telefone.
Aber es änderte nichts an der Tatsache, dass sie ein Anhängsel des Telefonnetzes waren. Man benötigte einen Operator, ein Fräulein von Amt welches die Verbindung arrangierte. Der Aufbau einer Funkverbindung mit einem Operator dauerte rund 2 Minuten. In dieser Zeit war der kostbare Funkkanal belegt. Geht man von einer durchschnittlichen Gesprächsdauer von 2 Minuten aus, war die Effizienz des Anrufs 50%. Außerdem fehlte mehr und mehr Flexibilität, etwa bei der Wahl von Funkkanälen. Man brauchte mehr Kapazität, das war damals wie heute stets der Hauptantrieb für die Weiterentwicklung der Funktechnik.
Das „Protokoll“ des Gesprächsaufbaus
Worin lag die Schwierigkeit einer „automatischen Verbindung“. Betrachten wir dazu einmal was notwendig ist, wenn ein Autotelefonteilnehmer eine Verbindung ins Telefonnetz wünscht.

Zunächst einmal muss der Teilnehmer die Telefonnummer des gewünschten Festnetzteilnehmers eingeben, also eine typischerweise 10-stellige Zahl. Dazu muss er mit dem Telefon interagieren. Heute ist das selbstverständlich, aber damals war es Neuland. Eine Eingabe wie beim Festnetztelefon, mit Wählscheibe wäre anachronistisch gewesen und auch fehleranfällig. Besser man macht eine Eingabe über 10 Tasten wie bei einer Rechenmaschine. Das Telefon muss sich nun jede Telefonnummer „merken“, d.h. es muss die Nummer speichern.
Nach jeder Eingabe sollte es eine Bestätigung vom Telefon geben, etwa durch Darstellung der eingegebenen Nummer in einem Display.
Wenn der Teilnehmer die vollständige Nummer eingegeben hat, drückt er auf eine Wahltaste. Nun ist es das Telefon in Zusammenarbeit mit der Elektronik der Basisstation welches die Verbindung herstellen muss.
Zunächst sucht das Mobiltelefon hierfür einen verfügbaren Kanal, in dem sie mehrere Kanäle prüft. Dazu muss das Mobiltelefon in der Lage sein selbstständig einen Kanal einzustellen und zu prüfen, ob dieser verfügbar ist. Ist der Kanal verfügbar, sendet das Telefon ein Signal an die Basisstation, um diesen Kanal zu belegen. Die Basisstation bestätigt diese Anforderung und sperrt den Kanal für alle weiteren Nutzer.
Nun kann das Mobiltelefon Informationen senden was für eine Art von Anruf er wünscht, z.B. ob er wünscht Informationen über die Gebühren zu empfangen etc. Die Basisstation quittiert die Anforderung, indem sie dieselbe Nachricht zurückschickt. Nun muss die Basisstation die Ziffern aus ihrem Speicher übertragen, und zwar Ziffer für Ziffer. Wenn keine Ziffer mehr zu übertragen ist wird dies mit einem weiteren Signal mitgeteilt. Die Basisstation beginnt nun von sich aus mit der Rufnummer den Teilnehmer im Festnetz anzurufen. Weiterhin schaltet sie den Funkkanal durch und der Mobilfunkteilnehmer wird mit dem Festnetzteilnehmer verbunden. Legt der Mobilfunkteilnehmer am Ende den Hörer auf, wird ein Signal an die Basisstation gesendet, welche die Funkverbindung trennt.
Fassen wir zusammen was wir technisch benötigen:
- Eine Tastatur zur Eingabe von Ziffern und Anforderungen
- Eine Anzeige der Nummer und des jeweiligen Zustandes
- Einen Speicher für die Ziffern
- Eine Steuerung für die Abläufe mit logischen Entscheidungen (Protokollverarbeitung)
- Eine Signalisierung, um Informationen zwischen dem Mobiltelefon und der Basisstation hin und her zu schicken.
- Eine Kanalwahl ohne mechanische Steuerung
Notwendige Bauelemente
Wie gesagt braucht es für neue Autotelefone eine Tastatur, eine Anzeige, Speicher und Logikbausteine zur Ablaufsteuerung. Außerdem nötig waren digital einstellbare Frequenzen. All dies lieferte die neue Elektronik der siebziger Jahre.
Die Tastatur
Jedes Telefon hat heutzutage das gleiche Layout der Ziffern von 0 bis 9. Es besteht aus 4 Reihen und 3 Spalten. 1 2 3, 4 5 6, 7 8 9, * 0 #. Diese Anordnung kommt maßgeblich durch die Erfindung der DTMF Wahl. Hierbei sind die Tasten in einer Matrix angeordnet welche durch hörbare Töne vorgeben ist. Siehe DTMF. So entstanden die ersten Tastentelefone in den USA. Diese Tastenanordnung wurde auch für die Autotelefone übernommen.

Anzeige
Bis in die sechziger Jahre gab es wenig Vielfalt bei der Anzeige von Informationen. Das gängigste Mittel war ein Glühlämpchen oder ein Analoganzeige etwa zur Darstellung der Empfangsstärke eines Senders.
In den siebziger Jahren kamen rot leuchtende LED auf den Markt. (siehe LED). Diese wurde für 7 Segment Anzeigen verwendet. Bekannt wurden diese vor allen bei ersten Taschenrechnern und Digitaluhren.

Speicher
Für die Speicherung einer Ziffer sind 4 bit nötig: 0000 = 0, 0001 = 1, 0010 = 2, 0011 = 3, 0100 = 4, 0101 = 5, 0110 = 6, 0111 = 7, 1000 = 8, 1001 = 9.
Somit braucht man für 10 Ziffern 40 bit und ein 64 bit Speicher wäre ausreichend. Speicher erschienen verstärkt in den siebziger Jahren. Vor allen getrieben von der Computerindustrie. Siehe: Speicher
Logic für Ablaufsteuerung
Betrachten wir noch einmal, was ein Mobiltelefon machen muss, um einen Anruf durchzuführen.

Wenn das Telefon eingeschaltet ist, wartet es auf „Anweisungen“ vom Nutzer. Es ist in einem „Zustand“ den wir „Warte auf Eingabe“ nennen können. Nur „Ereignisse“ können dazu führen, dass das Telefon diesen Zustand verlässt. Diese Ereignisse können sein:
- Eine Taste wird gedrückt
- Das Telefon wird angerufen
Wird eine Taste gedrückt prüft das Telefon welche Taste gedrückt wurde und ob dies eine Zifferntaste ist. Ist es eine Ziffer prüft, wo die Zahl gespeichert werden soll. Dies geschieht mit einem Zähler, der hochgezählt werden kann. Dann speichert sie die Ziffer in einem Speicher an der richtigen Stelle und erhöht den Ziffernzähler. Daraufhin springt das Telefon in den Zustand zurück, in dem sie auf (weitere) Eingabe wartet.
Wird eine „Wahl“ Taste gedrückt springt das Telefon in einen anderen Zustand, um dort einen freien Kommunikationskanal zu suchen.
Jedem der bereits mit der Programmierung von Computern vertraut ist sind solche Abläufe vertraut. Man schreibt und ließt Daten bzw. Werte und trifft Entscheidungen aufgrund dieser Werte. Was man grundsätzlich braucht sind:
- Speicher
- Zähler
- Logik welche Entscheidungen trifft
All dies liefert die noch junge Halbleiterindustrie. Speicher haben wir oben bereits besprochen. Zähler realisiert man durch Verschaltung vieler Transistoren etwa in einem IC und auch Logische Bausteine realisiert man durch Transistoren und stehen als IC´s etwa von Fairchild oder Texas Instrument zur Verfügung. Siehe Logic.
Auf diese Weise konnten die Elektroingenieure der frühen Siebziger Jahre sehr komplexe Abläufe entwickeln, was 5-10 Jahre vorher nicht möglich war.
Phase Locked Loop und Frequenzsynthese
Die neuen Mobiltelefone verlangten nach einer elektronisch schaltbaren Kanalfrequenz. Bislang wurden Frequenzen, z.B. bei Radioempfängern per Hand mittels eines „Schiebekondensators“ eingestellt. Solche Technik verbat sich natürlich. Die Integrierten Schaltungen führten auch hier zu Verbesserungen. Sie lieferten ein wichtiges Element, den sogenannten Frequenzteiler. Durch schnelle Transistorschaltungen wird eine Frequenz heruntergeteilt. So wird aus 100 MHz bei Teilung durch 100 eine Frequenz von 1 MHz. Frequenzteiler werden in sogenannte Phased Locked Loops (PLL) eingesetzt. (Siehe PLL). Sie erlauben die Synthese von (fast) beliebigen Frequenzen.
Mit der PLL Technologie wurden nun Frequenzen elektronisch bzw. digital eingestellt und ein Mobiltelefon war in der Lage eigenständig Frequenzen zu wählen.
Signalisierung über den Funkkanal
Wie kommuniziert nun das Mobiltelefon mit der Basisstation. Folgende Informationen müssen ausgetauscht werden.
- Kanalnummer
- Telefonnummer
- Telefonidentifikation
- Art des Gesprächs
- Start der Wahl
- Ende der Wahl
Ende der sechziger Jahre beauftragte die deutsche Bundespost wieder wieder die Firma TeKaDe ein neues System für den Öffentlichen bewegten Landfunk (ÖbL) zu entwickeln welches Selbstwahl ermöglicht. TeKaDe entwickelte ein geeignetes Datenprotokoll. Hierzu sendete man eine Reihe von jeweils 16 Impulsen. Jeder Impuls hatte eine Länge von 10 ms. Die ganze Folge dauerte also 160 ms. In jedem Puls sendete man einen Ton. War der Ton 2070 Hz so entsprach dies einer logischen 0. War der Ton 1959 Hz so entsprach er einer logischen 1.
| Pos | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 |
| Synchronisation | Information | Information gespiegelt | ||||||||||||||
| Daten | ||||||||||||||||
Somit muss der Sender als auch der Empfänger zwei Töne senden bzw. erkennen können. Die ersten fünf Impulse waren stets gleich, um eine Synchronisation zu gewährleisten und um den Beginn der Übertragung ab Position 6 sicher zu identifizieren. Die Positionen 6 bis 10 enthielten die Information. Die Position 11 war immer auf 0, die Position 12 bis 16 wiederholten die Information gespiegelt. Somit stehen fünf bit für Informationen zur Verfügung.
Wie funktioniert ein Anruf vom Mobiltelefon aus? Nehmen wir an, die Nummer ist bereits gespeichert und ein Anruf soll erfolgen. Das Telefon sucht einen freien Kanal. Hat er einen erkannt sendet er einen 2070 Hz Ton an die Basisstation. Diese sperrt daraufhin den Kanal für andere Teilnehmer und sendet eine 1950 Ton. Dies veranlasst das Mobiltelefon seine eigene Rufnummer mittels der oben beschriebenen Datenpulse zu schicken. Zur Überprüfung sendet die Basisstation die gleichen Nummern wieder zurück. Sind sie gleich, geht es weiter, wenn nicht wird der Ruf abgebrochen. Nun sendet das Mobiltelefon die Rufnummer, welche ebenfalls zur Prüfung zurückgesendet wird. Ist dies gut gegangen schaltet die Basisstation eine Verbindung und schalten die Kanäle durch. Das Gespräch kann geführt werden.
Wie wird aber ein Mobiltelefon angerufen? Hierfür stand der Sendekanal Kanal 19 für die Basisstation zur Verfügung. Der Festnetzteilnehmer musste wissen, wo sich der Mobiltelefonteilnehmer befindet. Befindet er sich z.B. in Bremen so wählt man erst die Vorwahl von Bremen (0421) gefolgt von einer 05 (Mobiltelefon) und dann die eigentliche fünfstellige Nummer des mobilen Teilnehmers.
Die Basisstation sendet dann auf Kanal 19 diese Nummer zusammen mit dem Kanal, welcher von dem Teilnehmer benutzt werden soll. Jedes Mobiltelefon muss also ständig auf Kanal 19 prüfen, ob eine Nummer kommt und ob es die eigene Nummer ist. Ist es tatsächlich seine Nummer, so meldet es sich über den angegebenen Kanal bei der Basisstation.
Das B-Netz
Dieses neue System mit automatischen Gesprächsaufbau nannte man das B-Netz. Es wurde 1972 in Betrieb genommen und lief Anfangs parallel zum A-Netz.

Zunächst stellte man 38 Kanäle im unteren 2 m Band, um 150 MHz bereit. Der Kanalabstand war im Vergleich zum A Netz mit 20 kHz deutlich kleiner, so dass in einem relative kleine Band 28 Kanäle zur Verfügung standen. Der Abstand der Duplexbänder war 1,6 MHz. Als um 1980 große Kapazitätsengpässe auftraten stellte man das A-Netz ab um im gleichen Band um 160 MHz ein zweites B-Netz Band zur Verfügung zu stellen. Dies führte zu komplexeren Sende/Empfangselektronik weil man nun zwei verschieden Duplexfilter handhaben musste.
Die Telefone für das B-Netz baute die Firma TeKaDe in Nürnberg. Andere Hersteller benutzten die TeKaDe Hardware und versahen sie nur mit ihrem ein eigenes Logo. Ein B-Netz Telefon bestand aus einem Bedienteil (wie in der Abbildung oben gezeigt), einen separaten Hörer und eine Elektronik, die noch sehr groß war und einiges an Kühlung brauchte. In den achtziger Jahren gab es einige Verbesserungen in der Elektronik, die die Anlage auf Schuhkartongröße schrumpfen ließ.
Die Identität eines B-Netz Telefons wurde „fest verdrahtet“. Die Zahlen wurden durch Lötstellen einprogrammiert und die Verlötungen verplombt damit die Nummern nicht geändert werden konnten. Dennoch blieb dies ein Schwachpunkt des Netzes da man relativ leicht eine falsche Identität erzeugen konnte.
Außerdem waren die Gespräche leicht abhörbar. Man brauchte nur einen gewöhnlichen FM-Empfänger, der auf die entsprechenden Kanäle eingestellt war und konnte ein Gespräch mithören.

Kleiner und leistungsfähiger mit Microcontroller
Durch Fortschritte der Elektronik, verbesserten sich auch die B-Netz Telefone. Die Gehäuse der Sende und Empfangsanlage wurden deutlich kleiner und preiswerter. Dies ist vor allen dem vermehrten Einsatz von Microcontrollern zu verdanken welche Ende der siebziger Jahre verfügbar waren.

IMTS
Auch in den Vereinigten Staaten entwickelten man das Autotelefon (Mobile Telefone System, MTS) weiter, und zwar mit ähnlichen Methoden wie beim B-Netz. Schließlich stammten ja die Prinzipien der Signalisierung von den Bell Laboratories.
Das neue System welches 1964 eingeführt wurde hieß Improved Mobile Telefone System (IMTS). Im Gegensatz zum A- und B-Netz gab es in den USA drei Bänder.
- 35 MHz – 44 MHz mit 9 Kanälen
- 152 MHz – 158 MHz mit 11 Kanälen
- 454 MHz – 460 MHz mit 12 Kanälen
Geräte, etwa das Motorola TLD 1100 waren vom Erscheinungsbild nicht so fortschrittlich wie das B-Netz Telefon von TeKaDe. Es gab noch keine Anzeige von Rufnummern und gewählt wurde mit einer Wählscheibe, später mit Tasten.
Anbieter von IMTS waren die lokalen Telefonbetreiber in den verschiedenen Städten. Wie beim A- und B-Netz gab es auch hier sehr schnell Kapazitätsprobleme. Zum einen konnte pro Kanal nur ein Teilnehmer telefonieren, zum anderen waren auch die mögliche Anzahl von Telefonen technisch begrenzt. Somit gab es Wartezeiten um überhaupt an ein Autotelefon zu kommen. Da der Markt klein war, gab es auch keine großen Anreize für Hersteller wie Motorola günstige Geräte zu bauen. So blieb die Nutzung von Mobilen Telefonen nur einer kleinen Gruppe von Nutzern vorbehalten.

