Das Telefon

Philipp Reis
Antonio Meucci
Elisha Gray
Alexander Graham Bell
Bell Telephone Company
Das Telefonnetzwerk
Aber Hallo
Almond Strowger

Die Idee des Telefonieren

Telegrafie war die etablierte Technologie für Telekommunikation Mitte des 19. Jahrhunderts. Allerdings war sie nicht sehr effizient. Man schreibt erst eine Information nieder, diese wird dann übertragen und dann erst beim Empfänger wieder in Sprach zurückverwandelt.

  • Information wird in Sprache umgewandelt
  • Sprache wird in Schrift umgewandelt
  • Schrift wird in (Morse) Code umgewandelt
  • Morse Code wird in elektrische Pulse (Stromstöße) umgewandelt
  • Die Pulse werden übertragen
  • Die Pulse werden empfangen und in Codes aufgezeichnet.
  • Die Codes werden in Schrift umgewandelt
  • Schrift wird in Sprache umgewandelt
  • Die Sprache wird in die Information umgewandelt

Es wäre ein gewaltiger Vorteil, wenn man gesprochen Sprache direkt elektrisch übertragen könnte.

  • Information wird in Sprache umgewandelt
  • Sprache wird in ein elektrisches Signal umgewandelt
  • Die Signale werden übertragen
  • Die Signale werden in Sprache umgewandelt
  • Die Sprache wird in die Information umgewandelt

Abgesehen von der höheren Effizienz spart man sich natürlich auch das Personal, welches für die Umwandlungen nötig ist. Allerdings muss etwas revolutionär Neues passieren. Eine akustische Welle (Schallwelle) muss in eine „elektrische Welle“ umgewandelt werden. Eine Information geht von einem physikalischen Medium (dem akustisch/mechanischen) in ein elektromagnetisches Medium über und umgekehrt. Die magischen „Wandler“ nennt man Mikrofon und Lautsprecher. Naturgemäß entstanden diese zusammen als „Das Telefon“.

Philipp Reis

Einer der ersten Ingenieure dem die Wandlung von Schall in elektrische Wellen gelang war Philipp Reis. Er war kein renommierter Wissenschaftler wie etwa Gauß und Weber, sondern ein einfacher Lehrer. Sein Vorbild für ein Mikrofon war zunächst das menschliche Ohr.

Für Demonstrationen für seine Schüler hatte er einen ohr-artigen Trichter gebaut und diesen am Ende mit einer Membran bestückt. Es war klar, dass der Schall, vor allen hinter einem Trichter eine Membran zum Schwingen bringt. Nun musste man diese Schwingungen nur noch elektrisch abgreifen. Zu diesem Zweck benutzte Reis eine feine Platinfolie vor einer Metallplatte. Zwischen Folie und Metallplatte lag eine Spannung. Die durch den Schall erzeugten Schwingungen erzeugten Kurzschlüsse und modulierten dadurch den Strom zwischen Folie und Platte.

Die Empfängerseite bestand aus einer magnetisierten Stricknadel, welche sich in einer Spule befand. Durch diese verlief der Strom vom „Mikrofon“ wodurch die Stricknadel vibrierte. Ein Resonanzkörper verstärkte diese Schwingungen.

Telefon von Philipp Reis. Das Mikrofon befindet sich hinter dem Trichter (B). Es war eine Membrane (m) befestigt an eine Platinfolie (p). Diese hatte Kontakt zu einem Kupferdraht (q). Quelle: Wikisource
Philipp Reiss

1861 demonstrierte Reis sein Telefon in der Öffentlichkeit und schrieb einen Bericht darüber. Leider fand der Bericht nicht viel Aufmerksamkeit. Die renommierten Wissenschaftler unterdrückten sogar eine Veröffentlichung in einem Fachmagazin. Die Arbeit hatte aus ihrer Sicht keinen wissenschaftlichen Wert. Es war eine „Bastelei“. So wurde das Telefon nicht in größeren Stückzahlen gebaut und kommerzialisiert. Aus heutiger Sicht war das Mikrofon sehr rudimentär und es ist kein Wunder, dass die Sprache kaum verständlich war, wenn sie übertragen wurde. Aber die Prinzipien waren alle richtig, um zu sagen, dass Philipp Reis (einer) der Erfinder des Telefons war. Philip Reis konnte den erfolgreichen Durchbruch des Telefons leider nicht mehr erleben.

„Das Pferd isst keine Gurkensalat“ war der Satz den Philipp Reis 1861 zur Demonstration seines Telefons benutzte. Er gilt (zumindest in Deutschland) als erste öffentlich übertragene Sprachnachricht mittels Elektrizität.

Zeichnung des Telefons von Philipp Reis. Links: Sprechvorrichtung, Rechts: Empfänger mit Nadel in Spule.

Antonio Meucci

Ein weiterer Erfinder des Telefons stammte aus Italien. Sein Name war Antonio Meucci. Er war im 19. Jahrhundert am Befreiungskrieg von Italien beteiligt und floh nach Amerika. Hier gründete er ein Unternehmen zur Produktion von Stearinkerzen. 

Meucci hatte wohl schon 1856 ein Telefon gebaut, das er in seinen Notizen beschrieb. Sein Mikrofon bestand aus einer Membran, welche an einer Spule befestigt war. Diese vibrierte dann wiederum über einem Magneten. Dadurch modulierten die Schallwellen einen Strom in dieser Spule. Dies war ein deutlich besseres Mikrofon als das von Reis.

Zeichnung von Meuccis Telefon. Links: Mikrofon, Mitte: Lautsprecher.
Antonio Meucci

Meucci war jedoch nicht in der Lage funktionierende Prototypen von seinem Telefon zu bauen. Seine Kerzenfabrik ging bankrott und auch er persönlich verarmte. Er arbeitet zwar weiter an seinem Telefon fand aber keine Investoren. Endlich fand er 1870 einen Geldgeber der aber gerade als er für ein Patent bereit war wieder ausstieg. Somit konnte sich Meucci nicht leisten ein Patent zu beantragen. Alexander Bell erlangte Wissen von den Schriften von Meucci und nutzte sie wahrscheinlich für seine eigenen Entwicklungen. Meucci klagte später erfolglos gegen das Patent von Bell.

Elisha Gray

Es gab noch einen dritten Erfinder des Telefons: Elisha Gray. Seine Erfindung betraf vor allen das Mikrofon. Auch er benutzte eine Membran, um die akustischen Schwingungen aufzunehmen. Die Membran verband er mit einer Nadel, welche in eine Säureflüssigkeit getaucht war. Strom floss von der Nadel in die Säure und die schwingende Nadel modulierte diesen Strom. Im Februar 1876 wollte Grey sich dieses Telefon im Patentamt sichern. Er war jedoch ein paar Stunden zu spät und ein gewisser Bell patentierte das Telefon vor ihm.

Zeichnung von Elisha Gray mit seinem Säuretelefon
Elisha Grey

Alexander Graham Bell

Ein vierter Ingenieur arbeitete auch an einem Telefon. Alexander Graham Bell hatte bereits in den 60ger Jahren ein Telefon von Philipp Reis demonstriert bekommen und hatte den Ehrgeiz es zu verbessern und ein richtiges Telefon daraus zu machen. Im Gegensatz zu Reis und Meucci war Bell ein mäßiger Erfinder aber ein guter, vielleicht sogar skrupelloser Geschäftsmann. Er kannte die Telefone von Reis und Meucci und baute sich basierend auf ihre Erkenntnisse ein eigenes Telefon. Dieses hatte eine Schwachstelle beim Mikrofon. In der Tat hatte Bell noch kein funktionierendes Telefon als er ein Patent dafür einreichen wollte. 

Alexander Graham Bell

Merkwürdigerweise änderte er seine Patentschrift rund um das Mikrofon genau zur selben Zeit als Grey sein Telefon patentieren wollte (Februar 1876). Nun hatte auch sein Telefon plötzlich ein Mikrofon mit Säure-Mikrofon. Seine Anwälte schafften es das Bell Patent ein paar Stunden eher als den Antrag von Grey ins Patentamt zu bringen.  Das Patentamt sah die Ähnlichkeit zu Grays Patent und verlangte von Bell eine Erklärung. Bell behauptete dreist, dass er bereits seit Jahren mit flüssigen Schaltern arbeitete, und man glaubte ihm. Bell bekam nicht nur das Patent, sondern er bekämpfte auch alle anderen Ingenieure, die glaubten das Telefon erfunden zu haben. Hauptsächlich verklagte er Gray und Meucci.

Bell hatte das Telefon nicht erfunden aber er hat es optimal vermarktet

Noch heute wird Graham Bell, vor allen in Amerika als der große Erfinder des Telefons dargestellt. Erst im Jahr 2002 räumte der Kongress der Vereinigten Staaten ein, dass es eine Erfindung von Meucci war.

Bell Telephone Company

Bell der sich des Werts des Telefons bewusst war gründete 1877 die Bell Telefone Company. Diese Firma die später zur American Telefone and Telegraf Company (AT&T) wurde ist heute eins der größten Telekommunikationsunternehmen weltweit. Die Forschungsabteilung, die Bell Laboratories, waren im 20. Jahrhundert das beste Forschungslabor überhaupt. Viele Entdeckungen, die hier besprochen werden, gingen von diesem Labor aus.

Bell Telephone Company Logo 1889

Bells Firma war jedoch nicht gleich eine Geldquelle und man brauchte so dringend Kapital, dass man die Rechte am Telefon für 100.000 $ an Western Union verkaufen wollte. Western Union war damals das führende Telegrafie-Unternehmen in Amerika. Der Präsident lehnte den Kauf des Patents ab. „Was soll ein Unternehmen wie das unsere mit solch einem Spielzeug“ lästerte er. Dennoch ließ er das Telefon prüfen und bekam als Resultat, dass die Leistungsfähigkeit gering sei und dieses Instrument niemals mehr als wenige Meilen überbrücken könne. Dies war eine der schwerwiegendsten Fehlentscheidungen. Später verlor Western Union mehr und mehr sein Geschäft an Bell und konzentrierte sich fortan auf die Überweisung von Geldbeträgen, was es heute noch tut.

Das führende Telekommunikationsunternehmen Western Union hielt das Telefon für eine Spielerei ohne Zukunft.

Bells konnte sein Telefon mit der Zeit deutlich verbessert werden. Er verbesserte die Schwachstelle des Telefons, das Mikrofon, in dem er Kohlenstaub als Stromleiter verwendete. Wenn eine Membran auf diesen Kohlenstaub drückte, veränderte sich der Widerstand. Dadurch hatte man einen sehr guten und soliden Wandler, der auch einfach herzustellen war. 1880 hatte Bell ein Telefon entwickelt, welches in großen Stückzahlen produziert werden konnte.

Aber nicht nur Bell baute Telefone. In Deutschland, wo das Patent von Bell keine Gültigkeit hatte, begann etwa Siemens die Telefone von Bell zu verbessern und zu verkaufen. In Schweden beschäftigte sich Lars Magnus Ericsson mit dem Telefon und gründete 1876 eine Firma die heute einer der größten Herstelle von Telekommunikationsequipment speziell für Mobilfunk ist. Ericsson selbst glaubte nicht an die Verbreitung des Telefons. Er hielt es für eine Spielerei für reiche Geschäftsleute.

1880 gab es weltweit nur 50.000 Telefone. Zwanzig Jahre später waren es bereits über zwei Millionen.

Das Telefonnetzwerk

Die sich verbreitenden Telefone brachten ein neues Problem: Die Vermittlung oder Verschaltung. Ein Telefon war bei seiner Erfindung lediglich eine Sprechverbindung über eine elektrische Leitung. Anfangs, so konnte man sich vorstellen, waren sie eine „Verbesserung“ der Telegrafie. Statt eine Nachricht in Form eines Telegramms zu übertragen, konnte man die Nachricht nun einfach sprechen. Man konnte sogar eine Unterhaltung führen, wenn die Verbindung in zwei Richtungen ging. Hierzu wäre es aber notwendig gewesen, dass die Teilnehmer zu den Telegrafenstationen gehen und dort die Verbindung schalten. Offensichtlich wäre es aber viel bequemer das Telefon zu Hause oder in der Firma zu haben und von dort einen Anruf durchzuführen.

Dazu waren zwei Dinge nötig: 

  • Man musste mitteilen, dass man eine Verbindung wünscht oder man musste informiert werden, dass man einen Anruf bekommt
  • Man musste eine Verbindung schaffen/schalten

Für das erste Problem gab es bald Lösungsmöglichkeiten gefunden. Schnell erfand man die „Telefonklingel“ und in den ersten Telefonen wurde eine Kurbel installiert, die dazu führte, dass es auf der Gegenseite klingelte.

Zur Lösung des zweiten Problems führte man die eigene Telefonleitung zu einer Schaltzentrale: „Das Amt“. Das Amt hatte Verbindung zu sehr vielen weiteren Telefonen. Wenn man ein Gespräch führen wollte, konnte eine Person im Amt eine direkte Verbindung zum Gesprächspartner schaffen, in dem er diesen zunächst anrief und ihn dann „verband“ indem er eine Drahtverbindung zwischen den Telefonleitungen aufbaute.

Viele Begriffe, die wir noch heute in der Kommunikation verwenden stammen aus dieser Anfangszeit des Telefons.

  • Verbindung herstellen, verbunden sein (obwohl heute überhaupt keine wirkliche physikalische Verbindung mit einem Draht mehr besteht)
  • Klingeln (obwohl Telefone jeglicher Art schon lange keine Klingel mehr haben)
  • Auflegen (da früher Anrufe beendigt wurden in dem man den Hörer auf die Gabel legte und dadurch ein Schalter betätigt wurde)
  • Direkten Draht zu jemand haben (verbunden sein)

Übrigens stellte man für die Schaltungsämter Frauen ein. Dies war der höheren Stimme der Frauen geschuldet, die man in den damaligen Telefonen besser verstehen konnte.

Telefonvermittlungsstelle. Quelle: Museumsstiftung Post und Kommunikation

Wollte man Personen von einem anderen Amt anrufen musste eine Verbindung von Amt zu Amt hergestellt werden. Somit gab es Nah (Orts) und Ferngespräche. Ferngespräche waren naturgemäß teurer, weil für potenziell viele Teilnehmer nur eine oder wenige Leitungen zur Verfügung standen. Außerdem war es technisch aufwendig Telefongespräche über lange Strecken zu leiten vor allen, weil es in der Anfangszeit keine Signalverstärker für elektrische Signale gab. 

Aber Hallo

Es gab ein weiteres Kommunikationsproblem, welches mit dem Telefon einherkam. Man wusste nicht genau, wann und ob eine Verbindung hergestellt war. Wenn man mit dem Telefon eine Verbindung herstellte, musste der Empfänger als erstes bestätigen, dass die Verbindung besteht und der Sender nun beginnen kann zu kommunizieren. Bell und auch der große Industrielle und Erfinder Thomas Edison schlugen hierfür ein Codewort vor. Bell wollte „Ahoi“, wie es auf Schiffen zu Beginn einer Kommunikation benutzt wurde. Edison schlug das Wort „Hello“ vor. Hello war vor dem Telefon nicht weit verbreitet, niemand begrüßte sich bis dahin mit „Hello“. Der Ursprung kommt wohl aus dem alten Mittelhochdeutschen von „hol über“ den Ruf nach einem Fährmann.

Das Hallo setzte sich durch. Man begrüßte sich mit Hello bzw Hallo. Die Damen in der Vermittlung wurden bald scherzhaft „Hello Girls“ genannt. Heute ist Hallo das Grußwort schlechthin.

Almon Strowger

Das nach und nach automatische Wahlsysteme das Fräulein vom Amt ersetzten verdanken wir einem Beerdigungsunternehmer namens Almon Strowger. Angeblich bekam Strowger weniger Aufträge über das Telefon als sein Konkurrent. Den Grund sah er darin, dass die Schwester des Konkurrenten bei der Telefonvermittlung arbeitete. Wenn jemand nach einem Leichenbestatter fragte, verband sie wohl den Kunden sofort mit ihrem Bruder. Also suchte er ein System um das Fräulein vom Amt zu ersetzen. Er erfand 1881 ein Schaltsystem in dem ein Schalter sich senkrecht auf und nieder bewegen konnte und dadurch 10 Kontakte schuf und gleichzeitig rotieren konnte und 10 weitere Verbindungen schalten konnte. Somit konnten 1 zu 100 Verbindungen geschaltet werden. Wenn mehrere solche Verbindungen hintereinander geschaltet wurde vergrößerte sich die Anzahl erheblich. Zwei Systeme konnten 10.000 Endpunkte auswählen.

Die Steuerung des Hub-Dreh Schalters vom Telefon aus war zunächst ziemlich unzuverlässig. Man musste die Impulse zum Bewegen der Schalter selbst von Hand eingeben. Mitarbeiter seines späteren Unternehmens erfanden daher 1896 eine „Wahlscheibe“. Diese hatte alle Ziffern und musste gedreht werden. Wurde 1 gedreht wurde ein Puls generiert, bei 2 zwei Pulse usw. Jahrzehntelang war dies nun die Art und Weise wie gewählt wurde. Das Strowger Schaltsystem führte am Ende auch zu den Telefonnummern die es bis heute, selbst bei den Mobiltelefonen gibt.

Bis ins 21. Jahrhundert entwickelte sich somit ein Telefonnetzwerk welches Telefone auf aller Welt miteinander verbindet. Weil es bis heute auf echte Verschaltung von Leitungen beruht, nennt man es bis heute „das Festnetz“. Im internationalen Jargon spricht man vom Public Switched Telefon Network PSTN (Öffentlich geschaltetes Telefonnetzwerk).