Frühe Telekommikationsindustrie

Entstehung der PTTs
Zulieferer
Felten & Guillaume, Haller und TeKaDe
Siemens & Halske
LM Ericsson
International Telephone and Telegraph
Entwicklung in den USA
Western Union
AT&T und Western Electric

Entstehung der ersten Telekommunikationsunternehmen

Mit der Erfindung und Entwicklung der Telegrafie Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten sich nach und nach Unternehmen zum Betrieb von Telekommunikationseinrichtungen als auch eine Zulieferindustrie für Endgeräte und Netzinfrastruktur. Bereits vor der Telegrafie gab es Telekommunikation in Form von Post. Diese entstand bereits sehr früh und entwickelte sich zu nationalen Postunternehmen.

Entstehung der PTTs

Die Telekommunikation begann mit der Organisation von Briefsendungen. Bis zum Mittelalter waren Briefsendungen sporadisch und unkoordiniert. Mit dem Beginn der Neuzeit Ende des 15. Jahrhunderts wurden im heiligen römischen Reich deutscher Nation erstmals Posten eingerichtet in denen Kurierreiter ihre Pferde wechseln konnten. Von diesen Poststationen entwickelte sich bald darauf der Begriff Post für den Versand von Nachrichten. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde der Lombarde Frans von Taxis mit der Organisation des Postwesens im deutschen Reich beauftragt. Bis 1867 leitete das Adelsgeschlecht Thurn und Taxis das Postwesen in Mitteleuropa. Es kann somit als das älteste Telekommunikationsunternehmen angesehen werden.

Die deutschen Länder begannen zunächst selbst eigene Postwesen zu organisieren. Dem wurde jedoch 1597 Einhalt geboten als der deutsche Kaiser Rudolf II mit dem „Postregal“ das Postwesen zur Hoheit Reiches erklärte. Thurn und Taxis erhielt das Postwesen vom Kaiser als „Lehen“.

Franz von Taxis (Francesco de Tasso), 1459–1517, Begründer des europäischen Postwesens

1646 bricht der Junge Staat Preußen das Staatsmonopol des Postregals und organisiert das Postwesen selbst. Dieses preußische Postwesen wuchs mit der Macht von Preußen und stand in Konkurrenz zu Thurn und Taxis bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als 1867 Thurn und Taxis sein Unternehmen an Preußen abgeben musste. Seitdem ist das Postwesen fest unter der Verwaltung des Deutschen Reiches.

Postreiter oder Postillione benutzte ein Horn um ihre Ankunft an einem Posten anzukündigen. Aus diesem Grunde wurde das Post Horn das Zeichen für Briefdienste, z.B. für die Deutschen Post:

Logo der deutschen Post

Die aufkommende Telegrafie Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wurde rasch als eine neue Form der Nachrichtensendung angesehen und vom Staat mit der Post vereinigt. Poststationen bzw. Postämter waren fortan natürliche Orte an denen „Telegramme“ versandt werden konnten. Als schließlich das Telefon 1877 in Deutschland vorgestellt wurde, sah man es sofort als eine Erweiterung der Telegrafie an und stellte es unter das staatliche Monopol. Versuche, etwa durch die amerikanische Bell Telephone Company in Deutschland Fuß zu fassen scheiterten. Post, Telegrafie und Telefonie blieben Staatsmonopol.

Die Telegrafie und das Telefon wurden als weitere Dienste der Telekommunikation angesehen und fielen dadurch wie die Postsendungen unter staatlicher Kontrolle.

Andere europäische Staaten folgten dem Preußisch/Deutschen Vorbild. So entstanden die nationalen PTT´s (Post Telegraf Telefone). Das Monopol blieb bei den Staaten bis in die achtziger und neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. PTTs waren oft Regulieren und Betreiber der Telekommunikation gleichzeitig. Sie bezogen ihre Infrastruktur von neu entstehenden Zulieferfirmen. Bevorzugt hatten PTT nationale Zulieferer.

Europäische Zulieferer für Infrastruktur und Endgeräte

Die aufkommende Telegrafie benötigte Geräte und Material zum Aufbau und Betrieb der Verbindungen. Dies waren zum einen die Telegrafen welche Signale erzeugten und empfangen als auch Drähte für die Übertragung.

Felten & Guillaume, Haller und TeKaDe

Eines der ältesten Unternehmen in der Telekommunikation war die Kölner Firma Felten & Guillaume. Bereits im Mittelalter stellte die Familie Felten Seile für die Schifffahrt und für den Bergbau her. Anfang des neunzehnten Jahrhunderts heiratete sich Karl Guilleaume in die Felten Familie ein und die Firma Felten & Guillaume entstand. 1834 wurde im Harz das Drahtseil erfunden und revolutionierte den Bergbau. Vier Jahre später begann F&G mit der Produktion von Drahtseilen und verbesserte diese merklich. 1850 erkannte Guillaume, das das Drahtseil als Leitung für die Telegrafie von großen Nutzen sein konnte. 1851 wurde ein Kabel von F&G benutzt um England mit dem Kontinent zu verbinden. In der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts war F&G maßgeblich an der „Verkabelung“ von Deutschland beteiligt. Erst für die Telegrafie, später auch für das Telefonnetz.

1875, als die Telefone in Deutschland bekannt wurde gründete der deutsch Techniker Friedrich Heller in Bayern eine Elektrotechnische Fabrik zur Herstellung von Telefonapparaten. Sein Hauptkunde war Bayern wo er große Teile des Telefonnetzes aufbaute. Neben Telefongeräten baute er auch erste Vermittlungsanlagen. 1904 Geriet Heller jedoch in finanzielle Probleme und wurde von F&G gekauft. Der Bau von Telefongeräten und Vermittlungsanlagen wurde unter F&G fortgesetzt.

1912 entschloss sich F&G die Nürnberger (Heller) Werke als eigenes Unternehmen auszugliedern. Es entstand die Süddeutsche Telefon-Apparate-, Kabel- und Drahtwerke AG. Gegen Ende der zwanziger Jahre wurde daraus die TeKaDe. TeKaDe erlangte eine Lizenz für die „Liebenröhre“, der deutschen Verstärkerröhre. Schnell wurde TeKaDe dadurch ein Hersteller von Elektronik, nicht nur für die Telekommunikation sondern durchaus auch für Radioempfänger.

Siemens & Halske

Bereits 1847 gründete Siemens die Siemens&Halske Telegraphen Bauanstalt. Bald wurde Siemens dadurch der Hauptlieferant für die Telegrafie in Deutschland. Siemens gründete jedoch auch bald Niederlassungen im Ausland und wurde somit einer der ersten multinationalen Konzerne. Einen Meilenstein erreichte Siemens beim Bau der Indo-Europäischen Telegrafen Linie Ende der 1860ger Jahre. Diese von Siemens gebaute Linie reichte von London bis Indien und geschah im Auftrag der Indo-European Telegraph Department in England. Nach dem Bau war Siemens auch für die Wartung der Linie zuständig. 1874 wurde ein von Siemens gebautes Kabel über den Atlantik verlegt und war das erste brauchbare Kabel seiner Art. Es war noch bis 1931 in Betrieb.

Die Indo-Europäische Telegrafenlinie. Quelle: Siemens

Sobald das Telefon durch Alexander Graham Bell 1876 bekannt wurde begann auch Siemens Telefone zu bauen und zu verbessern. Sie profitierten dadurch, dass Bell kein Patent in Deutschland für sein Telefon hatte. Bald erweiterte Siemens sein Geschäft dahingehend dass es auch Vermittlungsstellen baute und vertrieb. Sie waren der bevorzugte Lieferant des neu gegründeten Deutschen Kaiserreichs. Sie versuchte weiterhin international aktiv zu sein. So hatten sie eine Niederlassung in England die dort Geräte fertigte. Sie konnten jedoch aus politischen Gründen nicht überall in Europa aktiv werden. Kurz vor dem ersten Weltkrieg entwickelte Siemens-Halske eine eigene automatische Vermittlungsstelle. Während dem ersten Weltkrieg verlor Siemens viele seiner Auslandsniederlassungen, etwa in England und in Russland. Nach dem Krieg fokussierte sich das Unternehmen vor allen auf den deutschen Markt.

LM Ericsson

1976 gründetet ein Schwede namens Lars Magnus Ericsson in Stockholm ein kleines Unternehmen, eher eine kleine Werkstatt. Ericsson hatte sich vorab mit Telekommunikation beschäftigt und war in verschiedenen Europäischen Firmen tätig gewesen, unter anderem auch bei Siemens&Halske in Berlin. 1876 wurde das Bell´sche Telefon in auch in Schweden bekannt. Wie in Deutschland war auch in Schweden das Bell Telefon nicht patentiert. So entwickelte Ericsson wie zeitgleich auch Siemens sein eigenes verbessertes Telefon. Er konnte es preiswerter als Bell Telephone anbieten und fand bald erste Abnehmer. Bald baute er nicht nur Telefonapparate, sondern auch die Vermittlungstellen.

Zunächst konzentrierte sich Ericsson auf den schwedischen Markt, traf dort aber bereits auf Konkurrenz und der Markt war auch nicht groß genug. Daher expandierte er auf den gesamten skandinavischen Markt, nach Russland und vor allen nach Großbritannien. Im Jahr 1900 machte Ericsson nur 5% seines Umsatzes in Schweden bzw 20% in Skandinavien. 50% Umsatz kam von Großbritannien. Die UK hatte keine britischen Hersteller von Telefonanlagen. Große Aktivitäten gab es auch in Russland. Somit war Ericsson von Beginn an ein internationales Unternehmen mit vielen Auslandsniederlassungen als auch bald Produktionsstätten im Ausland. Positiv dabei war vor allen die neutrale Position von Schweden zur Zeit der Jahrhundertwende und in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. So konnte Ericsson etwa einen Auftrag für Vermittlungsanlagen in Frankreich erhalten da Frankreich auf keinen Fall mit Siemens&Halske zusammenarbeiten wollte.

Wie Siemens entwickelte auch Ericsson 1913 ein automatisches Vermittlungssystem. So gab es Anfang des 19. Jahrunderts nur vier Firmen welche automatische Systeme Anbieten konnten. Western Electric, Autelco (die Firma welche das Strowger System übernahm und baute), Siemens&Halske und schließlich LM Ericsson. 

International Telephone and Telegraph (ITT)

1920 trat ein neuer Spieler auf das Feld der Telekommunikation. Es waren zwei Brüder die eigentlich in Puerto Rico Zuckerrohrplantagen betrieben. Ihre Namen waren Sosthenes Behn und Hernan Behn. Eher aus Zufall wurden sie Besitzer von zwei Telefongesellschaften in Puerto Rico und Cuba. Sie gründete daher ein Unternehmen, das sie International Telephone and Telegraph bezeichneten.

Sie expandierten 1923 nach Spanien wo sie den nationalen Telefonbetreiber Telefonica gründeten, ein Unternehmen welches noch bis heute existiert. Ein großer Coup gelang ihnen jedoch mit der Übernahme aller Auslandsniederlassungen der Western Electric 1926. Somit wurden sie mit einem Schlag ein direkter Konkurrent von Siemens&Halske und Ericcson in Europa und Weltweit, außer in den USA wo Western Electric das Monopol hielt. Sie besaßen dadurch auch die Technologie für automatische Telefonvermittung. 1930 kaufte ITT zwei deutsche Elektrofirmen  Standard Elektrizitätsgesellschaft (SEG) and Mix & Genest. Die Standard Elektrizitätsgesellschaft hatte substantielles Know How in Telekommunikation. Kern war die Standard Elektro Lorenz welche neben Siemens & Halske schon lange Anlagen für Telegrafie in Berlin baute. Standard Elektro Lorenz war lange, auch nach dem zweiten Weltkrieg quasi unabhängig aktiv, gehörte aber zu ITT.

ITT war 1932 kurz davor auch Ericsson zu kaufen. Tatsächlich besaßen sie durch einen Coup mit dem Unternehmer Ivar Kreuger die Mehrheit am Unternehmen. Allerdings kam die Übernahme nicht zustande da Schweden den Besitz durch ein ausländisches Unternehmen nicht erlaubte. Es dauerte bis 1960 bis Ericsson sich von der Abhängigkeit von ITT befreien konnte.

Entwicklung in den USA

Die Vereinigten Staaten gingen andere Wege. Die Post wurde zwar seit 1792 zentral durch das Post Office Department geregelt, die Telegrafie wurde jedoch nicht der Post zugeordnet sondern verblieb in privaten Händen. Nach Einführung der Telegrafie mit dem Morse System etablierten sich viele Unternehmen, die anfangs nur eine Telegrafenleitung betrieben. Immerhin gelang es mit Hilfe des Kongresses diese Systeme so zu vereinheitlichen, dass sie zusammenwirken konnten. Dann begann ein Unternehmen nach und nach die kleineren Betreiber zu übernehmen. Dieses Unternehmen war die Western Union.

Western Union

Western Union war zunächst einer der kleinen Betreiber einer Linie als sie 1851 gegründet wurde. Sie übernahm nach und nach alle kleinen Betreiber im Westen der Vereinigten Staaten. Western Union baute die erste Transkontinentale Telegrafenlinie und erzielte die erste Übertragung von West nach Ost 1861. Als sie 1866 die beiden letzten großen Konkurrenten übernahm hatte sie praktisch das Monopol für Telegrafie in den Vereinigten Staaten.

1877 bekam Western Union von Alexander Graham Bell das Angebot das Telefon Patent für 100.000 $ zu kaufen. Western Union lehnte ab. Später erkannte das Unternehmen die Bedeutung des Telefons und begann selbst Telefonsysteme zu entwickeln. Sie scheiterten jedoch am Telefonpatent von Bell und gaben das Telefongeschäft auf. Western Union behielt zwar sein Monopol für die Telegrafie, sein Geschäft ging jedoch immer weiter zurück. Heute betreibt Western Union nur noch ein Geschäft mit der Überweisung von Geldbeträgen.

AT&T und Western Electric

1877 gründete Alexander Graham Bell die Bell Telephone Company. Das Unternehmen baute Telefone und Zubehör und vermietete sie an verschiedene private Firmen. Als Western Union 1879 das Telefongeschäft aufgaben übernahm Bell Telephone die bis dahin geschaffenen Telefongeschäftsfelder von Western Union. 1882 kaufte Bell die Western Electric welche bislang vor allen für Western Union Geräte gebaut hatte.

1882 gründete Bell Telephone AT&T mit dem Ziel ein Fernnetz in den Vereinigten Staaten zu schaffen. Am Ende des 19. Jahrhunderts firmierten alle Bell Telephone Companies unter dem Namen AT&T. AT&T wurde zum mächtigsten Telekommunikationsunternehmen weltweit. Es betrieb nicht nur lokale Telefonetze, es besaß und betrieb auch die Fernverbindungen und baute jegliche Telefone.

Als das Bell Telefon Patent auslief versuchten mehrere Konkurrenzfirmen in den Telefonmarkt einzusteigen. Anfangs schafften sie es auch sich hier und dort zu etablieren. Allerdings erlaubte AT&T keine Verbindung mit seinem Netz, vor allem nicht mit dem Fernnetz. Dadurch waren die Neuankömmlinge stets im Nachteil und mussten aufgeben. 

AT&T baute seine Dominanz aus. So kauften sie z.B. die Patente für die neuen Verstärkerröhren welche sie dann ausschließlich für ihre Fernleitungsnetze nutzen. Sie wurden so mächtig, dass sie 1913 versuchten Western Union zu übernehmen. Dies wurde jedoch von den Aufsichtsbehörden untersagt welche ein völliges Telekommunikationsmonopol von AT&T befürchteten.

Western Electric baute Anfang des 20. Jahrhunderts außer Telefone auch Vermittlungsanlangen (Switches). Kurz vor dem ersten Weltkrieg begann auch die Produktion von automatischen Vermittlungsgeräten die die Handvermittlung ablösen sollte.

Bell und Western Electric hatten viele Auslandsniederlassungen und waren in Europa und Asien aktiv. 1925 wurde Bell/AT&T jedoch aufgefordert ihre Auslandsniederlassungen und Auslandsproduktionsstätten aufzugeben. Diese wurden an den ITT-Konzern verkauft der sich verpflichtete im Gegenzug nicht in den Vereinigten Staaten aktiv zu werden.