Modulierte elektromagnetische Wellen

Das Problem der gedämpften Schwingung
Die Elektronenröhre und der Beginn der Elektronik
Kontinuierliche Schwingungen mit Röhren
Das Bandbreitenproblem
Superhetorodyne Empfänger

Entwicklung der Modulation elektromagnetischer Wellen

Die Funktelegrafie entsprach im frühen 20. Jahrhundert der drahtgebundenen Telegrafie 40 Jahre zuvor. Man konnte zwar Morsezeichen übertragen aber keine Sprache oder Musik. Das Problem lag in der Funktechnik mittels Knallfunkensender. Sie waren wie Trommelschläge im „Äther“. Statt Töne hörte man nur Knallen. Dies lag daran, dass man keine kontinuierlichen elektromagnetischen Wellen erzeugen konnte. Hierzu bräuchte man einen Oszillator, der mit hohen Frequenzen schwingt.

Maschinensender und die erste Radiosendung der Welt

Es gab aber eine Technologie und es gibt sie noch heute, welche elektrische Sinuswellen mit hoher Leistung erzeugen kann, Elektrogeneratoren. Allerdings liegt die Frequenz solcher Generatoren bei 50 oder 60 Hz und nicht bei 50 kHz wie man es für Radiowellen bräuchte. Dennoch versuchte man tatsächlich die Generatoren so zu gestalten, dass sie extrem schnell liefen und enorm viele Wicklungen hatten. So schaffte man Maschinengeneratoren, welche Frequenzen bis zu 100 KHz erzeugten. 

Die Fachwelt glaubte bislang nicht, dass mit Maschinen generierte Oszillationen wirklich elektromagnetische Wellen produzieren könnten. Sie glaubten, dass nur die Wucht von Funken Wellen erzeugten kann. Ein Forscher namens Reginald Fessenden war nicht dieser Meinung und ließ einen speziellen Maschinensender von General Elektrik bauen. 1906 verband er diesen Sender in Brant Rock (Massachusetts) mit einer 130 Meter langen Antenne an. Es gelang ihm mit einem gewöhnlichen Kohlemikrofon wie es für Telefone benutzt wurde die Leistung des Maschinensenders zu modulieren. Dadurch erzeugte er die weltweit erste Amplitudenmodulation.

Alexanderson Alternator. Quelle: Wikipedia
Reginald Fessenden

Wenn ein Amplitudenmoduliertes Signal von einem diodenbasierten Empfänger (also Kristall Detektoren) empfangen wird, wird das Signal durch den Gleichrichter demoduliert und im Empfängerkreis hörbar. Somit waren fast alle Telegrafenempfänger in der Lage das Signal „zu hören“.

Im Dezember kündigte Fessenden für das Weihnachtsfest eine Demonstration an. Dann gab es die erste Radiosendung der Welt. Fessenden machte Ansagen, spielte Geige, Musik von einem Grammophon wurde übertragen, ja sogar Gesang. Tatsächlich konnte die Sendung auch noch in 18 km Entfernung gehört werden.

Diese Radiosendung war nur eine Demonstration. Sender zur Unterhaltung und breiter Information zu benutzen war nicht die Vision von Fessenden. Er wollte Telefongespräche über Funk durchführen. Echte Radiosendungen kamen erst in den zwanziger Jahren auf.

Maschinensender erwiesen sich als unpraktikabel, weil sie teuer und schwer waren. Sie konnten nicht auf Schiffen installiert werden. Auch an Land waren sie von wenig Nutzen, auch deshalb, weil sie extrem lange Wellenlängen hatten. Der 50 kHz Sender von Fessenden hatte eine Wellenlänge von 6 km. Somit war seine Reichweite nur 2-3 Wellenlängen entfernt. 

Das Problem der gedämpften Schwingung

Wie erzeugt man kontinuierliche Sinuswellen mit hoher Frequenz. Das Grundelement dafür war bereits bekannt: der elektrische Schwingkreis bestehend aus einem Kondensator und einer Spule. Nehmen wir an, der Kondensator ist geladen. Die elektrische Energie ist also im Kondensator gespeichert. Er wird sich nun über die Spule entladen. Dadurch baut sich ein Magnetfeld in der Spule auf. Zunächst bremst es noch den Strom, aber nachdem das Magnetfeld aufgebaut ist, verstärkt es ihn. Nun ist die Energie in der Spule. Dann lädt sich der Kondensator wieder auf und das Magnetfeld wird abgebaut. Die Energie ist wieder im Kondensator.

LC Oszillation im Vergleich zu einer Federschwingung. Quelle: TU München Experimentalphysik 2

Das Ganze ist vergleichbar mit einer Kinderschaukel. Anfangs wird die Schaukel ausgelenkt, das Kind ist oben, zunächst ohne Bewegung und da es von der Schwerkraft angezogen ist besitzt es „potentielle Energie“. Lässt man los sinkt das Kind hinab und beginnt sich zu bewegen. Es wandelt potentielle Energie in kinetische Energie um. Wegen der Trägheit bleibt das Kind nicht unten, sondern steigt wieder auf, wird langsamer und bleibt wieder kurz stehen bis sich der Prozess wiederholt.

Bei der Kinderschaukel als auch bei dem elektrischen Schwingkreis gibt es nun das Problem, dass sich die Schwingung verlangsamt. Das liegt beim er Kinderschaukel am Luftwiderstand und beim elektrischen Schwingkreis am ohmschen Widerstand der Leitungen. Dadurch lässt die Schwingung mit jedem Zyklus nach und kommt endlich zum Erliegen. Man spricht von gedämpfter Schwingung. Wie kann man die Dämpfung verhindern? Nun, bei der Kinderschaukel würde das Kind bald rufen „Anschubsen“. Also ein Erwachsener muss stetig dem Kind einen kleinen Schubs geben, der den Energieverlust ausgleicht. 

Gedämpfte Schwingung, z.B eines Schwingkreises nach Anregung

Aber wie kann man einen elektronischen Schwingkreis anschubsen?

Die Elektronenröhre und der Beginn der Elektronik

Bekanntermaßen erfand Thomas Alfa Edison die Glühbirne. Da er viel mit Glühdrähten in Vakuum arbeitet entdeckte er, dass diese negative elektrische Ladungen absonderten. Man konnte die Ladungen mit einer Kathode sammeln und es entstand dadurch ein Strom. Dieser floss naturgemäß nur in einer Richtung von der glühenden Anode zur Kathode. Man nannte dies seitdem den Edison-Richardson-Effekt.

Der englische Physiker John Fleming 1902 benutzte den oben genannten Effekt und schuf damit eine spezielle Röhre die er als Gleichrichter für Detektoren für die Telegrafie einsetzte. Diese funktionierte zuverlässiger als die Kristalldetektoren.

Bald entdeckten zwei unabhängig voneinander arbeitende Physiker, der Österreicher Robert von Lieben und der Amerikaner Lee de Forest, dass man den Elektronenstrom von Anode zu Katode beeinflussen konnte. Durch eine weitere Kathode (dem sogenannten Gitter) konnte man den Strom regulieren. Die Anwendung war die Verstärkung von elektrischen Signalen. Benutzte man ein schwaches elektrisches Signal zur Steuerung des Elektronenstroms konnte das Signal verstärkt werden. Dies war vor allen für die Reichweite von Telefonsignalen eine große Erfindung. Das erste Mal hatte man ein „Aktives Element“ in der Elektrizität. Im Nachhinein kann man somit das Jahr 1906 als Beginn der Elektronik bezeichnen.
Siehe: Elektronenröhre

Durch die Erfindung der Elektronenröhre begann 1906 das Zeitalter der Elektronik

Die Bell Telephone Company erkannte den Wert der Verstärkerröhren und erwarb die Patente von Lee de Forest. Bereits 1913 setzte man Verstärkerröhren in Fernverbindungen für das Telefonnetzwerk ein.

Kontinuierliche Schwingen mit Röhren

Der wesentliche Durchbruch für die Funktechnik mit kontinuierlichen Schwingungen gelang einem Ingenieur, der für die deutsche Telefunken arbeitete, Alexander Meißner. Er verband eine Verstärkerschaltung mit einem Schwingkreis. Durch eine induktive Rückkopplung wurde der Kondensator stets dann (nach)geladen, wenn kein Strom durch die Spule floss.

Alexander Meißner

Nun war es erstmals möglich stabile kontinuierliche Hochfrequenzschwingungen zu erzeugen. 1913 ließ Telefunken diese Schaltung zum Patent anmelden. Siehe: Meissner Schaltung

Dadurch dauerte es nicht lange bis erste Sprechfunkverbindungen getestet wurden. Man erzeugte Schwingungen mit der Meißnerschaltung, erzeugte eine Amplitudenmodulation und verstärkte die Signale mit parallelgeschalteten Verstärkerröhren. Als erstes gab es 1913 Verbindungen zwischen Berlin und Nauen gefolgt von gleichartigen Tests in England und Amerika.

1914 brach der Krieg aus. Dies hatte starke Konsequenzen für die Funktechnologie auf der ganzen Welt. Wenn es noch nicht der Fall war, durfte niemand mehr ohne Lizenz oder Erlaubnis einen Funksender betreiben. Funken durfte fortan nur noch das Militär. So bekam das deutsche Heer eine eigene Truppe, die den Nachrichtenaustausch innerhalb und außerhalb des Heeres übernahm. Zuletzt waren 200.000 Soldaten als Funker ausgebildet. Während des Krieges entwickelte sich die Technologie. Vor allem die Herstellung von Röhren wurde besser und billiger. Außerdem wuchs die Vielfalt der Röhren. Sie wurden leistungsfähiger vor allem wenn sie gekühlt werden konnten. Dadurch war es möglich Sender mit ausreichender Leistung zu erzeugen.

Das Bandbreitenproblem

Funk mit Amplitudenmodulation war fundamental anders als Funk mit Knallfunksender wie man sie in der Funktelegrafie verwendete. Ein Hauptunterschied war die sogenannte Bandbreite des Signals.

Wenn man ein Signal aussendet, welches aus einem verstärkten Schwingkreis stammt, so erzeugt er nur eine Frequenz. Würde man ihn auf einer Frequenzskala zeichnen würde er einem Strich entsprechen. Wenn man mit einem Funken einen Schwingkreis anregt, dann entstehen stark gedämpfte Wellen, d.h. die Amplitude nimmt schnell ab. Wenn man das Spektrum einer solchen Funkwelle aufzeichnen würde, so gäbe es eine glockenförmige Form etwa im Bereich der Schwingfrequenz. Diese ist nun kein Strich mehr, sondern hat eine Breite. Man spricht in der Elektrotechnik von der Bandbreite. 

Durch modulierte kontinuierliche Wellen wurde es möglich sich Frequenzbänder zu teilen.

Spektrum von Radiosignalen. Oben: kontinuierliche Modulation. Unten: gedämpfte Oszillationen.

Eine hohe Bandbreite ist verschwenderisch, zumindest wenn sie nicht viel Information enthält. Die eigentlich freien Frequenzen rechts und links von der „Sendefrequenzen“ werden gestört. Deshalb gab es praktisch in Seefunk nur ein Band, dass sich alle teilen müssen. Wenn z.B. ein Schiff sendet, müssen alle anderen Schiffe schweigen. Wenn alle gleichzeitig funken würden würde es Chaos geben. Deshalb hatte man das SOS eingeführt, um alle Schiffe zum Schweigen zu bringen. 

1912 hat das Funkchaos zu einer Katastrophe geführt. Der Luxusliner Titanic benutzte seine Funkanlage, um Informationen vom Schiff an Land zu schicken. Dadurch war der Funker abgelenkt und hörte nicht Meldungen, die vor Eisbergen warnten. Ein nahes Schiff, welches schon seine Fahrt gestoppt hatte und die Titanic warnen wollte fand keine Funkpause, in der die Titanic empfangsbereit gewesen wäre. Nach langer Zeit des Wartens war der Funker müde, stellte das Funkgerät ab und ging schlafen. Wie alle wissen, lief die Titanic auf einen Eisberg und sank.

Amplitudenmodulation

Wir haben nun schon oft über Amplitudenmodulation gesprochen. Sie wurde ja schon 1906 bei einem Maschinensender benutzt. Amplitudenmodulation ist insofern einfach, weil man leicht die Amplituden eines Senders etwa mit einem Mikrofon verändern und somit modulieren kann. Auch auf der Empfangsseite ist es einfach zu demodulieren. Man muss nur das Signal mit einer Diode (etwa einem Kristalldetektor) gleichrichten und erhält einen Strom, der dem Signal entspricht mit der ursprünglich das Sendesignal moduliert wurde.

Aber was genau bewirkt eine Amplitudenmodulation, wenn man sich das Spektrum des gesendeten Signals betrachtet. Das reine Sendesignal hat ja nur eine Frequenz. Was passiert, wenn dieses Signal moduliert wird?

Sprache und Musik haben eine bestimmte Bandbreite. Diese wird definiert von dem Frequenzbereich, den wir hören können. Theoretisch ist dies von 50 Hz bis 20.000 Hz. Allerdings ist es fürs Telefonieren völlig ausreichend nur bis 4.000 Hz zu gehen oder bei Musik bis 4.500 Hz. Bevor man Sprache oder Musik für die Modulation verwendet, filtert man die höheren Frequenzen weg. Dies geht elektronisch oder auch einfach dadurch, dass einfache Mikrofone hohe Frequenzen sowieso kaum übertragen können.

Wie man mathematisch berechnen kann, entstehen durch die Amplitudenmodulation zwei Frequenzbereiche rechts und links von der Trägerfrequenz, dessen Bandbreite jeweils die Bandbreite des aufmodulierten Signals ist. Die Trägerfrequenz ist die Frequenz des Sendesignals, welches moduliert wird. Die entstehende Gesamtbandbreite wäre bei Musik 2 x 4.500 Hz als 9 kHz. Verbreitert man sie auf 10 kHz, könnte man theoretisch alle 10 kHz ein Funksignal betreiben, ohne dass sich die Signale stören. Sendet man z.B. bei 1000 kHz, so geht das Signal von 995 kHz bis 1005 kHz. Somit gibt es im Band 500 bis 1500 kHz 99 „Kanäle“.
Siehe: Amplitudenmodulation

Zwei Bänder neben der Trägerfrequenz

Superhetorodyne Empfänger

Nun hatte man die Möglichkeit viele Sender zu betreiben, aber es gab ein weiteres Problem zu lösen. Wenn man wie bei der bisherigen Funktelegrafie nur einen starken Sender hatte war der Empfang ziemlich einfach. Man hatte einen Schwingkreis, der auf die entsprechende Frequenz des Senders eingestellt war und konnte direkt demodulieren. Dies geht jedoch nicht mehr, wenn viele Sender nebeneinander liegen. Man muss also den Sender, den man empfangen will, „herausfiltern“! Es gab aber keine guten Filter, die einen schmalen Kanal etwa bei 1 MHz herausfiltern konnten. Dieses Problem wurde von einem amerikanischen Ingenieur namens Edwin Howard Armstrong gelöst.

Edwin Howard Armstron

Er erfand den sogenannten Superheterodynempfänger, auf Deutsch auch Überlagerungsempfänger. Mit einem elektronischen Element, welches man Mischer nennt. Ein Mischer multipliziert quasi zwei Signale miteinander. Mit einem solchen Mischer kann man die gewünschte vorher verstärkte Trägerfrequenz mit seinen Seitenbändern auf eine sogenannte Zwischenfrequenz transformieren. In dieser Zwischenfrequenz liegt ein gutes Bandpassfilter, d.h. ein Filter das Frequenzen rechts und links vom oberen Seitenband unterdrückt. Dadurch werden alle störenden anderen Sender weggefiltert. Verstärkt man dieses Zwischensignal kann man es wie gewohnt demodulieren und das Signal hören.
Siehe: Superheterodyneempfänger

Armstrong original Superheterodyne Empfänger. Quelle: Smithsonian

Bald gab es Empfangsgeräte, mit denen man mit einen Drehknopf die Empfangsfrequenz regeln konnte (mittels verstellbaren Kondensatoren). Dadurch konnte auch ein Laie einen Empfänger bedienen. Das Radio war geboren.