Anfänge des Mobilen Internets

i Mode

Erste mobile Internetprotokoll

Wireless Application Protocol WAP

Ende der neunziger Jahre boomte der Markt für Mobiltelefone und die Benutzung des Internets erreichte einen Höhepunkt. So überlegte man wie man das Internet mit dem Mobiltelefon verbinden konnte. GPRS oder gar EDGE waren noch in den Kinderschuhen und man nutze anfangs noch Circuit switched Data /CSD) Übertragung. Somit war die Datenrate ein dominantes Problem, wenn man ein Mobiltelefon nutzen wollte. Außerdem fehlte wie oben erwähnt ein Display mit genügender Auflösung und eine Tastatur.

Aus diesem Grunde entwickelte man für Mobiltelefone eine spezielle Sprache welche das komplexe HTML (Hypertext Markup Language) der üblichen Webseiten für Mobiltelefone ersetzen sollte. Diese Sprache war die Wireless Markup Language (WML). Es war von HTML deutlich verschieden da es vor allem Rücksicht darauf nahm, dass ein Mobiltelefon Ende der neunziger Jahre nur über geringen Arbeitsspeicher verfügte. So konnte man Daten nur in kleinen Paketen übertragen. Außerdem hatte der mobile Internetzugang vor allem in der Anfangszeit eine große Latenz (Reaktionsgeschwindigkeit) im Vergleich zu „normalen Internetverbindungen“.

Den neuen Standard für mobiles Internet nannte man WAP. Wireless Application Protokoll. Er wurde in einem Forum standardisiert, welches man WAP-Forum nannte. Nokia, Ericsson und Motorola waren 1997 die Gründungsmitglieder von WAP welches dann zur Jahrhundertwende 2000 auf den Markt kam. Es wurde als große Innovation für den Mobilfunkmarkt angekündigt. Man ersann sich viele nützliche Anwendungen, die das mobile Leben „revolutionieren“ sollten.

Allerdings wurde WAP zu einem großen Flop. Die europäischen Nutzer waren die Leistungsfähigkeit vom Internet an ihren PCs gewohnt und nahmen dies als Maßstab bei der Beurteilung dieses Systems. WAP schlug nicht deshalb schlecht ab weil die Darstellung auf den Telefonen unzureichend war oder die Eingaben zu kompliziert, sondern weil die Latenz viel zu groß war. Das lag an der Tatsache, dass bei der Einführung von WAP GPRS noch nicht zur Verfügung stand. Man musste immer erst eine CSD-Verbindung aufbauen. Ein solcher Aufbau dauerte mitunter bis zu dreißig Sekunden. Auch Antworten auf Anfragen kamen nur mit großer Verzögerung. In all dieser Zeit war das Telefon „verbunden“ und man zahlte pro Minute. Zusätzlich gab es dann noch mögliche Gebühren von dem entsprechende Internetservice. WAP war deshalb viel zu teuer. Bald erhielt WAP den Spitznamen „Wait and Pay“.

WAP war zu langsam und zu teuer um erfolgreich zu sein.

Multimedia Message Service

Ein Dienst den WAP einführte war eine Multimedia Message Service MMS. Hier konnten Mobilfunkteilnehmer ab 2002 „Postkarten“ von ihren Geräten verschicken, welche aus einem Foto und einer Nachricht bestanden. Viele Endgeräte hatten bereits einfache Kameras integriert, welche solche Fotos ermöglichten. Verglichen zu heute war die Qualität der Fotos aber miserabel und der Dienst war sehr teuer. Es kostete mehr als einen Euro ein Foto zu verschicken und wurde daher in Deutschland kaum benutzt.

Klingeltöne

Dennoch blieb WAP ein wesentlicher Teil des Mobilfunksystems, wenn auch nur indirekt. Mit WAP kam auch ein Abrechnungssystem. Nahm man einen Dienst, z.B. bei einem externen Anbieter in Anspruch, konnte man die Kosten über die Mobilfunkrechnung abgerechnet. Dies war nützlich und gefährlich zugleich. Man nutzte WAP z.B. zum Runterladen und Bezahlen von „Klingeltönen“, welche um 2004 in Europa vor allen bei den Jugendlichen sehr populär waren.

Durch WAP wurde es möglich Dienstleistungen und SW über die Telefonrechnung zu kaufen.

So gab es in den Nullerjahren etwa eine Firma namens Jamba welche als Geschäftsmodel nur den Download von Klingeltönen hatte. Am bekanntesten wurde dabei der Klingelton Crazy Frog. Angeblich soll allein Crazy Frog und seine Variationen einen Weltweiten Umsatz von 400 Millionen Dollar generiert haben. Allein 2006 verkaufte man in Deutschland 13,2 Millionen Klingeltöne.

Crazy Frog. Klingeltöne verkauften sich massenweise mittels WAP Technologie.

i Mode

Ein mit WAP vergleichbarer Standard hieß i-mode. NTT Docomo entwickelte diesen Standard für sein japanisches Netz.

In Japan betrieb man PDC Mobilfunksystem. PDC  (Personal Digital Cellular) war ein digitaler Mobilfunk der zweiten Generation und stark angelehnt an IS-54 digital AMPS. Es hatte relative schmale Kanäle von 25 kHz und drei digitale Zeitschlitze. Moduliert wurde wie bei IS-54 mit pi/4-DQPSK. Die Kanäle lagen in zwei Bändern, einem 800 MHz Band und einem 1400 MHz Band. Für PDC existierte schon früh ein Paketdienst namens PDC-P. In diesem Paketdienst bündelte man drei Zeitschlitze und hatten eine Datenrate von bis zu 28,8 kbit/s.

i-mode entwickelte nicht wie WAP eine neue Darstellungssprache für Inhalte des Internets, sondern lehnte sich stark an das vorhandene HTML an, welches sie iHTML nannte. Dies war eine Variante von dem sogenannte Compact HTML (cHTML) mit einigen speziellen Erweiterungen wie spezielle Darstellungssymbole oder Tasteneingaben. Die Nähe zu HTML machte es leichter für Entwickler Seiten im Internet für i-Mode zu gestalten bzw. umzugestalten.

i-mode kam mit speziellen Mobilfunkgeräten. Diese verfügten über einen i-mode Knopf mit dem man sofort Internetdienste beanspruchen konnte. Außerdem basierte i-mode welches 1999 eingeführt wurde von Anfang an auf PDC-P, wodurch man praktisch sofort im Internet war und sich nicht wie bei WAP erst „einwählen“ musste. Ein weiteres Merkmal von i-mode war ein spezielles i-mode Menu, durch das man einfach mit wenigen „Klicks“ navigieren konnte. 

i-mode war von Anfang an ein großer Erfolg in Japan und später auch in einigen anderen asiatischen Staaten. Dies hatte neben der besseren Nutzbarkeit von i-mode auch kulturelle Gründe. Zunächst war Japan in den neunziger Jahren sehr zurückhaltend mit der Einführung von Internet. Lange Zeit gab es keine Internet Service Provider welcher Zugang zu Internet erlaubt hätte. Erst 1997 erlaubte die Regierung mehr Zugang zum Internet. Dies war sehr spät im Vergleich zu Europa oder gar Amerika.

In dieser Zeit startete NTT Docomo sein mobile Internet Projekt. Ein kurioses Ziel war hierbei auch, dass man wollte, dass die Nutzer der Mobiltelefone diese zwar intensiv nutzten aber nicht so viel telefonierten. Man wollte die Netzkapazität nicht an die Grenzen kommen zu lassen. Für viele Japaner wurde i-mode die erste Interneterfahrung überhaupt. Japaner waren auch nicht so viel zu Hause an einem PC, sondern viel unterwegs, wobei sie dann nur über ein Mobiltelefon verfügten.

Bereits im ersten Jahr hatte i-mode 1 Million Teilnehmer. Ende 2000 bereits 15 Millionen. Kaum eine andere Technologie hatte derartige Wachstumsraten. Die Hauptanwendung war E-Mail. E-Mail zu anderen Mobiltelefonen aber auch zu PCs. Japanische E-Mails waren jedoch in der Länge stark begrenzt (250 Kanji Zeichen) und glichen somit mehr einer SMS-Nachricht. Es gab auch Spiele vor allen für Jugendliche und es konnten Melodien und Bilder heruntergeladen werden.

Emojis

Eine Innovation von i-mode waren 176 sogenannte Emojis. Dies waren kleine Icons die man unter den Text mischen konnte. Dies waren die Vorläufer der heute weit verbreiteten Emoijs aber sehr „pixelig“ da die Bildschirme oft nur eine Auflösung von 150 x 100 Pixel hatten. Es waren Spielereien wie diese, welche i-mode vor allen bei der Jugend so beliebt machten.

Die ersten 176 emojis welche für i-mode genutzt werden konnten.

NTT Docomo versuchte i-mode auch außerhalb von Europa zu etablieren aber mit geringem Erfolg. Anfang der 2000er-Jahre fand praktisch 80% des mobilen Internets in Japan statt. Selbst WAP funktionierte in Verbindung mit GPRS in Japan erfolgreicher als in Europa. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts wurde somit Japan die fortschrittlichste Nation was die Produktion und Nutzung von Mobiltelefonen anging.

Keitai Kultur

Der Erfolg von mobilem Internet in Japan lag auch an der Kultur des Zusammenlebens auf engen Raum. Es war verpönt z.B. in Zügen sich laut zu unterhalten oder gar mit dem Mobiltelefon zu telefonieren. Über E-Mail und Chat Dienste erfüllten somit ein Bedürfnis der Japaner auch in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. So prägte zuerst in Japan das Bild von vor allen Jugendlichen, die stets ein Mobiltelefon ein „Keitai“ in der Hand haben und darauf schauten.

Japanisches Mädchen mit einem „Keitai“. Source: Wikipedia