GPRS und EDGE

General Packed Radio Service (GPRS)
– Luftschnittstelle
– Codierung Schema
– Zustände
– Netzwerk
Enhanced Data rates for GSM Evolution (EDGE)
Einsatz von GPRS

Zwei digitale Technologieentwicklungen verliefen somit Ende der neunziger Jahre parallel und unabhängig. Der Mobilfunk der zweiten Generation und das frühe Internet. Das Internet und seine digitalen Dienste erschufen einen Bedarf die Übertragung von digitalen Daten zu verbessern. Außer Sprache sollten auch andere Dienste hinzukommen.

Die PCs waren mittlerweile mobil geworden. Sie waren batteriebetrieben und man konnte sie überall mit hinnehmen. In der Geschäftswelt waren die PCs bereits mit den internen Firmennetzen verbunden und auch mit dem Internet. Man konnte sich auch bald über das Internet mit dem Firmennetz verbinden. Hierzu musste man sich mit einem Modem über ein Telefonnetz einwählen. Mitte der neunziger Jahre erfand der kanadische Ingenieur Brent Townsend das 56 k Modem. Hiermit erreichte man die die höchstmögliche Übertragungsrate in Sprachnetzen. Diese waren durch die Sprachbandbreite begrenzt und wurde, wie wir gesehen haben mit 64 kbit/s übertragen. Jeder neue PC enthielt standardmäßig ein solches Modem. 

Es wäre nun natürlich, sich auch über ein Funktelefon in das Netz einzuwählen. Dies war auch tatsächlich möglich. Man sprach von Circuit Switched Data. Allerdings waren die Datenrate, die damit erreicht wurden war lediglich 9,6 kbit/s. Da man für die Zeit bezahlen musste, für die eine Verbindung geschaltet wurde, war diese Übertragung sehr teuer. Außerdem war sie auch sehr ineffizient. Man bezahlte für die Verbindung, nicht für die Daten. Wenn man aber im WWW unterwegs war, wurden meist keine Daten übertragen, obwohl die Leitung aktiv war.

General Packet Radio Service: GPRS

Ende der neunziger Jahre überlegte man sich wie man das GSM-Netz für Paketorientierte Datenübertragung nutzen könne. Man wollte hierbei kein völlig neues Netz aufbauen, sondern die vorhandene Infrastruktur so weit wie möglich nutzen. Hierbei war von Nutzen, dass die Zeitschlitze von GSM, die Bursts in gewisser Hinsicht bereits „Paketen“ glichen.

GPRS Luftschnittstelle

Es war jedoch zu kurz gesprungen nur einen der acht Zeitschlitze für paketorientierte Dienste zu nutzen. Man würde zwar effizienter in der Nutzung sein aber die Bitrate würde immer noch bei unter 10 kbit/s liegen. Also spezifizierte man, dass man Zeitschlitze bündeln könne. 4-5 Zeitschlitze waren hier denkbar. Allerdings stellte dies hohe Herausforderungen an die vorhandenen Mobiltelefone. Mehr Zeitschlitze führten auch zu mehr Aufwand bei der Signalverarbeitung, auch wenn der rechenaufwendige Sprachcodec nicht benutzt werden musste. Daher führte man verschiedene Klassen von Empfängern ein mit verschiedenen Leistungsmöglichkeiten der Mobiltelefone.

KlasseZeitschlitze im DownlinkZeitschlitze im UplinkGesamt
1112
2213
3223
4314
5224
6324
7334
8415
9325
10425
11435
12445
30516
31526
32536
Klassen von verschiedenen GPRS-Empfängern.

Aufgrund der Klasse des Empfängers war die Basisstation in der Lage unterschiedliche Anzahl von Zeitschlitzen zur Übertragung zuzuordnen. Bei der Definition der Paketdienste ging man von Anfang an davon aus, dass man mehr Daten im Downlink als im Uplink überträgt. Man erkannte auch dass ein einzelner Zeitschlitz zu klein war um als ein Datenpaket zu dienen und verband deshalb stets vier Zeitschlitze für eine Übertragung. Dieses neue Übertragungsverfahren für GSM nannte man General Packet Radio Service kurz GPRS.

GPRS Codierung Schema

Wenn man die Daten mit einem Kanalcodec von 1/2 (2 bit pro Datenbit) zwecks Datenkorrektur überträgt, erhält man pro Zeitschlitz nur eine Datenrate von 8 kbit/s und für 4 Zeitschlitze 32 kbit/s. Dies war schon recht ordentlich aber kam noch nicht wirklich an die damals üblichen Datenraten von 56 kbit/s heran die man mit normaler Telefoneinwahl ins Internet erreichte.

Man führte daher für GPRS verschiedene neue Kodierverfahren ein. Bei CS1 (Coding Scheme 1) wurde der klassische Kanalkodierer mit 1/2 benutzt. Bei CS2, ließ man gezielt einzelne bits bei der Übertragung weg (Punktuierung). Dadurch können mehr Daten übertragen werden in der Hoffnung, dass die verbliebene Redundanz ausreicht, um die Punktuierungslücken wieder zu schließen. Wenn man einen sehr guten Übertragungskanal hat, kann man die Daten auch ungeschützt übertragen. Wenn hier dennoch Fehler auftreten lässt die Paketorientierte Datenübertragung ja sowieso Wiederholungen zu. Solche Wiederholungen können dann etwa mit einem besseren Schutz der Daten erfolgen. Insgesamt gab es bei GPRS 4 Codier-Schemata

Codier SchemaBitrate (kbit/s) pro ZeitschlitzCoderate
CS-181/2
CS-2122/3 (punktuiert)
CS-314,43/4 (punktuiert)
CS-4201 (ungeschützt)
GPRS Coding Schemes und Bitraten

Auf diese Art konnte mit GPRS respektable 80 kbit/s erreicht werden. Die Übertragungskanäle für GPRS nennt man in GSM PDTCH (Packet Data Traffic Channel). Als spezielle Kontrollkanäle kommen hinzu, Packet Associated Control Channel (PACCH) und der Packet Timing Advance Control Channel) PTCCH. Alle weiteren notwendigen Kontrollkanäle werden sich mit GSM geteilt.

GPRS Zustände

Bei normalen GSM-Betrieb gibt es zwei Zustände. Nach dem Einschalten ist das Telefon in einem Idle Mode. Hierzu meldet es sich beim GSM-Netzwerk an, ist authentifiziert und der die Zelle in dem es sich befindet ist bekannt. Durch Anruf geht das Telefon in einen Dedicated Mode. In diesem Fall ist es mit dem Netzwerk über eine zugewiesene „Leitung“ (Traffic Channel) verbunden.

Bei GPRS befindet sich das Telefon zunächst in einem Idle Status. Diesen sollte man nicht mit dem Idle Zustand des GSM-Betriebs verwechseln. Hier ist das Telefon nicht mit dem GPRS-Netz verbunden. Durch einen GPRS Attach, meldet sich das Endgerät beim Netzwerk an und gelangt in den Ready State. Der Ready State ähnelt einem „normalen Modem“ und ist im übertragenen Sinne „Always on“. Er entspricht im GSM-Betrieb dem Dedicated Mode. Jederzeit kann man Packet Kanäle zuordnen und nutzen im Downlink als auch im Uplink.

Allerdings wäre es unwirtschaftlich diesen Zustand über lange Zeit aufrecht zu erhalten da er zu viele Resourcen bindet. Daher läuft ein Zähler ab, typischer weise 44 s. Wenn in dieser Zeit keine Aktivitäten auftreten verläßt man den Ready Mode und geht in einen dritten Zustand über welcher Standby heißt. Dieser ähnelt dem GSM Idle Mode. Die Verbindung zum Netzwerk wird weiterhin überprüft und gegebenenfalls ein Zellwechsel veranlast. Daten können nur über ein vorheriges Paging an das Endgerät übertragen werden. Kommt auf diese Weise eine neue Übertragung zustande geht man wieder in den Ready Zustand über.

GPRS Zustände

GPRS Netzwerk

Große Investitionen bzw. Veränderungen bewirkte GPRS vor allem auf der Netzwerkseite. Mit dem GSM-Netz teilt man sich viele Elemente, vor allen die Basisstationen. Aber jenseits der Basisstationen gehen Paketdienste in ein anderes Netz als das GSM Switch Netzwerk.

GPRS Netzwerk

Die Basisstationen bestehen aus den Base Transceiver Stations (BTS) und den Base Station Controllern (BSC). Normalerweise ist der BSC für die Zuweisung von Zeitschlitzen zuständig und vermittelt Nutzerdaten an die sogenannte TRAU (Transcoding und Rate Adaption Unit), welche Sprachkodierte Daten in 64 kbit/s Sprachdaten umwandelt und umgekehrt. Von dort gehen die Sprachsignale in das Mobile Switching Center (MSC) welches mit dem Home Location Register (HLR) und eventuell mit dem Visiting Location Register (VLR) verbunden ist. Diese geben Auskunft über Identität und Ort (Zelle) der Mobilfunkteilnehmer. Das MSC macht auch eine Verbindung zum klassischen Telefonnetz, etwa zu Festnetzteilnehmern.

Bei Paketdiensten sorgt die sogenannte Packet Control Unit (PCU) für die Zuweisung von Zeitschlitzen in den Basisstationen und übernimmt dadurch wesentliche Funktionen des BSC. Von der PCU leitet man die Pakete an die Serving GPRS Service Node (SGSN) weiter. Diese ist quasi ein Gegenstück der MSC. Er ist auch entsprechend mit dem Home Location Register verbunden, um den Ort des Teilnehmers zu verwalten und Verschlüsselungsaufgaben und Authentifizierungsaufgaben zu kontrollieren. Zugang zum eigentlichen Internet schafft das Gateway GPRS Service Node (GGSN). Mit dem GGSN wird dem Internet eine (Orts)feste IP-Adresse des Teilnehmers vorgegaukelt. Auch wenn sich der Teilnehmer im Mobilfunknetz bewegt, ändert sich sein Zugangspunkt im GGSN nicht.

Enhanced Data rates for GSM Evolution (EDGE)

Es gab ein relativ einfaches Mittel, um die Datenraten von GPRS noch weiter zu erhöhen. Reines GPRS nutzte immer noch GMSK als Modulation der Datenbits. Also ein bit pro Übertragung. Wie wir bereits gesehen haben benutzt IS-54 (digital AMPS) bereits ein Modulationsschema welches 2 bits pro Übertragung zulässt (Pi/4 DQPSK). 

Nun ging man bei den GPRS-Netzwerken noch einen Schritt weiter und führt eine 8-PSK Modulation ein welche 3 bits pro Übertragung zulässt.

8 PSK Modulation

Mit 8 PSK-Kodierung führte man nun noch verschiedene Kodierschema ein welches die Daten stark oder auch gar nicht vor Übertragungsfehlern schützten. Ohne Übertragungsschutz erreichte man so eine Bitrate von 59.20 kbit/s pro Zeitschlitz. Bei einer Bündelung von 4 Zeitschlitzen kommt man somit auf eine respektable Übertragungsrate von 236,8 kbit/s.

EDGE wurde als erstes bereits 2003 in den USA eingeführt, wohl vor allem, um der Konkurrenz von Qualcomm zu begegnen. In Europa, vor allen in Deutschland fand die Einführung erst spät und praktisch parallel zu UMTS also dem eigentlichen 3G Standard statt. 2006 hatte es T-Mobile in Deutschland eingeführt. Dies war auch der Hauptgrund, dass T-Mobile als erster Netzbetreiber das berühmte IPhone vertreiben durfte, welches in seiner ersten Ausbaustufe nur GPRS EDGE als Übertragungsstandard bearbeiten konnte.

Einsatz von GPRS

Zunächst diente GPRS dem mobilen Internetzugang. Hierbei diente das Mobiltelefon als Modem, welches etwa an einen LabTop angeschlossen wurde. Einige Hersteller bauten auch Einsteckkarten, die man in einen PCMCIA Schlitz eines LabTop einschieben konnte ähnlich wie frühe Versionen von WLAN Modems.

Die Mobilfunkgeräte vom um 2000 waren jedoch kaum in der Lage um Internetdienste wie das browsen im World Wide Web direkt zu nutzen. Die Limitierungen kamen vom Display die nur bedingt graphikfähig waren und von den fehlenden Tastaturen, über die etwa ein PC verfügte.