Technologie 2010 – 2020

Mehrantennesysteme
Antenna Diversity
Space Division Multiple Access
Erste MIMO-Entwicklungen und Systeme
Leistungsverstärker in Basisstationen
Intermodulation
Digital Predistortion (DPD)
Crest Factor Reduction (CFR)
Remote Radio Head
Near Field Communication

Technologie für mobilen Breitbandzugang

Mehrantennensysteme

Normale klassische Funksysteme verwenden jeweils eine Antenne zum Senden und Empfangen. Es kann jedoch von Vorteil sein z.B. auf der Empfangsseite mehrere Antennen zu verwenden. Technisch spricht man hier bei von Multiple In, Multiple Out  (MIMO) Systemen. Besonders nützlich sind MIMO System vor allen wenn es Mehrwegeausbreitung gibt.

Antenna diversity

Nehmen wir an, ein Signal erreicht eine Antenne über zwei Pfade. Beide Signale überlagern sich bei der Empfangsantenne. Haben beide Pfade die gleiche Länge verstärken sich die Signale verstärken und es ergibt sich ein guter Empfang. Sind die Pfade unterschiedlich lang kann es sein, dass sich die Signale gegenseitig auslöschen. Wenn beide Signale gleiche Stärke haben, kann es sogar zur totalen Auslöschung des Signals kommen. Vor allen bei WLAN, wo Sender und Empfänger sich nicht bewegen und sich somit die Übertragungssituation nicht ändert (die „Kanäle“ konstant sind) kann dies ein Problem sein. Aus diesem Grunde nutzt man eine Technik, welche man Antennendiversität nennt. Man nutzt zwei Antennen zum Empfangen und probiert praktisch aus, über welche Antenne ein besserer Empfang stattfindet. Dies kann während des Empfangs der Preamble geschehen. Man schaltet in dieser Zeit zwischen zwei Antennen und wählt diejenige mit besserem Empfang. 

Space Division Multiple Access

Interessanter ist jedoch der Fall in dem zwei oder mehr Empfänger gleichzeitig laufen. Man denke sich ein System mit jeweils zwei Sendern und zwei Empfängern die parallel das gleiche Signal ausstrahlen bzw. empfangen. Dies geschieht über Antenne die genügend Abstand voneinander haben. Man spricht hierbei von einem Multiple Input, Multiple Output System (MIMO).

Wenn sich ein Signal gleichzeitig über zwei Antennen ausbreitet, so wird es sich in bestimmte Richtungen verstärken und in andere Richtungen auslöschen. Dies liegt daran, dass durch den Winkel der Abstrahlung die Signale der beiden Antennen sich so verschieben, dass sie schließlich 180° Phasenverschiebung aufweisen können und sich dadurch auslöschen. Durch zwei Antennen gibt es also ein räumliches Abstrahlungsmuster. Dieses Muster kann verändert werden, indem man die Amplituden und Phasen der beiden Pfade verändert. Wenn man z.B. das Signal eines Pfades um 180° gegenüber dem anderen Pfad verschiebt, löscht sich das Signal senkrecht zur Antennenebene aus. Durch Manipulation der Phasen, lässt sich das Signal sogar in jede beliebige Richtung auslöschen. 

Nun stelle man sich vor, man würde nicht ein Signal, sondern zwei Signale gleichzeitig aussenden. Bei Systemen mit nur einer Antenne würden sich die Signale vollständig überlagern und man könnte sie nicht auseinanderhalten. Nun nehme man an, man manipuliert das Signal X1 so, dass es sich in Richtung Alpha vollständig auslöscht. Dann kann man das Signal X2 in diesem Winkel immer noch empfangen. Man kann also Signal X1 und X2 so manipulieren, dass sie sich unterschiedlich im Raum ausbreiten.

Genauso kann man auch auf der Empfängerseite den Empfang der Signale manipulieren in dem man die Phasen vor dem Aufeinander addieren verschiebt. So kann man unterschiedliche Richtungen bevorzugen oder auslöschen. Wenn man nun ein Umfeld mit Mehrwegeausbreitung hat, so ist es denkbar, dass man Signale X1 und X2 so manipulieren kann, dass man sie doch voneinander trennen kann. Sie unterscheiden sich dadurch, dass sie sich unterschiedlich im Raum ausgebreitet haben. 

Multiple In Multiple Out Prinzip. Die verschiedenen Signale werden auf unterschiedliche Übertragungskanäle verteilt wenn dies durch Mehrwegsausbreitung möglich ist.

Man kann also Signale dadurch voneinander unterscheiden, dass man sie in verschiedene Richtung schicken bzw. aus verschiedenen Richtungen empfangen kann. Durch mehrere Antennen ist diese räumliche Trennung möglich. Man spricht von Space Division Multiple Access (SDMA). Erste Überlegungen SDMA Systeme erforschte man schon früh in den Bell Laboratories.

Erste MIMO-Entwicklungen und Systeme

Der indische Wissenschaftler Arogyaswami Paulraj erforschte MIMO-Technologie in den 1992 während seiner Arbeit an der Stanford University. Dort patentierte er ein erstes Verfahren für MIMO-Übertragung. 

Vier Jahre später erkannte der Ingenieur Gregory Raleigh vor allen den Nutzen von OFDM im Zusammenhang mit MIMO. Ihm gelang es mathematisch nachzuweisen, dass MIMO-Systeme möglich sind. Seine Prinzipien und Algorithmen waren maßgeblich bei der späteren Einführung von MIMO in OFDM basierten Systemen. 

Sowohl Paulraj und Raleigh gründeten Firmen welche Produkte mit der Anwendung von MIMO-Technologie entwickelten. Sie hießen Iospan und Clearwireless. Sie wurden später acquiriert ohne kommerzielle Produkte geschaffen zu haben. 

WLAN 802.11 n war der erste Standard welcher MIMO einsetzte

2001 gründete Raleigh erneut eine Firma namens Airgo. Dieser gelang es schließlich 2003 ein erstes Chipset zu bauen welches erfolgreich MIMO für WLAN nutzte und dadurch die Übertragungsrate deutlich erhöhte. Dies machte Airgo nun zum Treiber eines neuen WLAN-Standards namens 802.11 n, der erste Standard Weltweit mit MIMO-Technologie der 2008 erschien. Parallel dazu entstanden jedoch auch schon Standardisierungen von MIMO für WiMAX und später LTE.

Leistungsverstärker in Basisstationen

Wie bei LTE besprochen gibt es Herausforderungen an den Sender bei Downlink LTE Signalen. Dies liegt an dem hohen Peak to Average Power Ratio (PAPR). Zur Erinnerung: Es können sich bei 20 MHz bis zu 1200 Unterträger addieren. Wenn z.B. alle Amplituden den Wert 1 haben, kann es zu sehr hohen Spitzenwerten kommen. (Wenn alle Träger etwa die gleiche Phase haben wird kann die Amplitude über 1000 liegen). Ein solches PAPR führt unweigerlich zu Verzerrungen wenn der Leistungsverstärker nicht linear ist. Man hat bei den eNodeB (Basisstationen) also die Herausforderung eine möglichst lineare PA (Power Amplifier = Leistungsverstärker) bei gleichzeitig hoher Ausgangsleistung zu bekommen. Leider kommen jedoch PAs in einen Sättigungsbereich in dem sie nicht mehr linear sind.

Kennlinie eines Leistungsverstärkers. Grün: Durchschnittsleistung eines Single Carrier Signals, Blau Durchschnittsleistung eines Multi Carrier Signals.

Die Durchschnittsleistung des Ausgangssignal muss so eingestellt werden, dass mögliche Spitzen oberhalb des Durchschnittssignals noch in den linearen Bereich fallen. Daher gibt es bei Signalen mit hohen PAPR einen hohen sogenannte Back Off, d.h. er muss deutlich unterhalb der maximalen Leistung betrieben werden, um Nichtlinearitäten zu vermeiden. Dies hat den Nachteil, dass man sehr leistungsstarke Verstärker benötigt und diese in einem sehr ineffizienten Modus betreiben muss. Dies ist vor allem in Bezug auf den Stromverbrauch sehr negativ.

Intermodulation

Das Problem der Nichtlinearität liegt in der sogenannten Intermodulation. Diese entsteht wenn man zwei nahe beieinander liegende Frequenzen gleichzeitig über eine Nichtlinearität verstärkt. Es entstehen Mischprodukte der Art  k1 x f1 + k2 x f2, wobei k ganze Zahlen sind und f1 und f2 die entsprechenden Frequenzen. Nehmen wir an f1 ist 1000 MHz und f2 ist 990 MHz, so entsteht

2 x 1000 MHz – 990 MHz = 1010 MHz
2 x 990 MHz – 1000 MHz = 980 MHz
3 x 1000 MHz – 2 x 990 MHz = 1020 MHz
3 x 990 MHz – 2 x 1000 MHz = 970 MHz

Beispiel Intermodulation. Blau Intermodulierende Frequenzen f1 und f2, Rot: Intermodulation 3 und 4 Ordnung.

Für Multicarrier Signale hat die Intermodulation zwei negative Einflüsse. Es kommt zu Interferenzen zwischen den Trägern und dadurch entsprechende Fehler und es gibt Signale jenseits der Bandbreite des OFDM-Signals.

Intermodulation eines OFDM-Signal.

Die obige Abbildung zeigt, wie an den Flanken eines OFDM-Spektrums schulterförmig Bereiche entstehen, hervorgerufen durch Intermodulation. Es gibt nun strenge Vorschriften wie stark ein Signal außerhalb des eigenen Bandes „hineinstrahlen“ darf. Direkt neben dem OFDM-Band kann ja schon ein weiteres OFDM-Band liegen, möglicherweise das Band eines konkurrierenden Betreibers. Das ist der Hauptgrund, warum man Nichtlinearitäten und die dadurch entstehende Intermodulation unbedingt vermeiden muss.

Digital Predistortion

Eine Möglichkeit das Problem der Nichtlinearität des Leistungsverstärkers zu mindern ist die sogenannte Digital Predistortion (digitale Vorverzerrung). Hierbei wird das Signal welches man senden will digital vorverarbeitet, damit es die Nichtlinearität ausgleicht. Man erhöht Werte, welche eine hohe Amplitude aufweisen künstlich noch weiter, um der Nichtlinearität der Sättigung entgegenzuwirken.

Linearisierung durch Vorverzerrung. Oben: Feedback Schaltung mit DPD Verarbeitung, Unten: Resultat

Hierfür gibt es adaptive Algorithmen, die auf eine Rückkopplung des Ausgangssignals beruhen. Hierzu koppelt man das Hochfrequenzsignal hinter dem Leistungsverstärker aus, um es wieder herunter zu modulieren. Daraufhin digitalisiert man das Signal und speist es in einen Algorithmus. Hierbei muss das Signal breitbandig genug sein, um auch die durch die Intermodulation hervorgerufenen Signale jenseits des Sendebandes zu erfassen. Der Algorithmus stellt ein Predistortion Filter nun so ein, dass es die Intermodulationsstörungen minimiert. DPD ist mit einem hohen Aufwand verbunden. Man braucht eine Rückkopplung mit einer Empfängerstruktur und eine sehr schnelle Signalverabeitungseinheit. Es muss gewährleistet sein, dass dies nicht mehr Strom benötigt als man durch die DPD an Strom einspart.

Crest Faktor Reduction (CFR)

Ein weiteres Verfahren, um die Nichtlinearität zu mildern ist die sogenannte Crest Factor Reduction. Hierbei wird auch eine digitale Vorverarbeitung benutzt welche gezielt in einem Bereich die größten Amplituden detektiert und diese mittels eines Filterverfahrens absenkt. Dadurch wird zwar das PAPR vermindert aber man erzeugt auch Fehler, die sich auf die Modulation auswirken.

Remote Radio Heads

Bislang waren bei GSM die Base Transceiver Stations bzw. bei UMTS die NodeBs in einem Häuschen direkt unter dem Funkturm. Hier befand sich auch das analoge Radio inclusive der Leistungsverstärkers. Von dem Radio, englisch Transceiver genannt (Mischung von Transmitter und Receiver) ging ein dickes Koaxialkabel bis zu den Antennen auf dem Turm. Man versuchte so wenig Leistung wie möglich hierbei zu verlieren, deshalb waren die Leitungen fast armdick.

Mit LTE wurde nun MIMO eingeführt. Alle Antenne hatten nun sogenannte kreuzpolarisierte Antennen mit zwei Antenneneingängen. Wenn sogar 4×4 MIMO unterstützt werden soll musste eine eNodeB 4 Antennen mit entsprechenden Koaxialkabeln bedienen. Das war nicht mehr mit Koaxialkabeln vom Boden aus wirtschaftlich zu machen. Deshalb verlegte man den gesamten Transceiver inclusive dem Leistungsverstärkern direkt an die Antennen in einem eigenen kleinen Gehäuse. Dieses nannte man Remote Radio Head (RRH). Sie waren digital mit den eNodeBs verbunden. Hierfür definierte man eigens eine neue Schnittstelle, welche man CPRI nannte (Common Public Radio Interface). Man übertrug hierbei digitale I/Q Daten. 

CPRI wurde ab 2003 durch die Hersteller der Netzinfrastruktur definiert. Aktiv waren hierbei Ericsson, Huawei Technologies, NEC Corporation, Nortel Networks, Alcatel-Lucent und Nokia. Übertragen werden mehrfache von 614,5 Mbit/s. Bis zu 16 Ströme sind definiert was zu einer Bitrate von 10 Gbit/s führt. Diese Übertragung geschieht meist mit Glasfaserverbindungen.

Typischer Remote Radio Head mit einem digitalen Anschluss, Stromversorgungsanschluss und zwei Koaxialsteckern für die Antenne. Quelle: Wikipedia

RFID und Near Field Communication

Eine Möglichkeit drahtlos Informationen zu übertragen, besteht durch induktive Felder. Hierbei befinden sich der Sender und der Empfänger in unmittelbarer Nähe zueinander. Der Sender hat eine Spule welches ein elektrisches Wechselfeld erzeugt. Dies erzeugt nicht nur ein Signal, welches eine Information enthalten hat, sondern auch Energie. Diese wird von einem Empfänger aufgenommen, der sich in unmittelbarer Umgebung befindet. Typischerweise arbeitet man mit niedriger Frequenz. Man würde für eine wirkliche Abstrahlung meterlange Antennen benötigen, aber dies ist ja nicht nötig da man sich im direkten Induktionsfeld befindet. Ein RFID-Gerät besteht aus einer flachen gedruckten Spule, welche mit einem winzigen Chip verbunden ist. Dieser beinhaltet typischerweise eine Identifikation und kann Daten mit relativ geringer datenbreite empfangen und senden. Anwendungen sind wie der Name bereits sagt die Identifizierung.

RFID-Tag, Gedruckte Spule und Chip. Quelle: Wikipedia

Ursprünglich diente RFID dazu, etwa Kleidungstücke vor Diebstahl zu schützen oder Vieh mit einem RFID-Knopf, etwa im Ohr, zu identifizieren. In den siebziger Jahren nutzte man dann RFID für Mautsysteme, um Fahrzeuge zu identifizieren welche eine Mautstation passierten. All diese Systeme waren zunächst proprietär. In den Nullerjahren begann eine Gemeinschaft von Philips Semiconductors und Sony die RFID-Technologie zu standardisieren. Es entstand eine einheitliche Frequenz (bei 13,56 MHz) und ein festgelegtes Protokoll zur Kommunikation mit einer Übertragungsrate von 424 kbit/s. Diesen Standard bezeichnet man als Near Field Communication (NFC). Near Field (Nahfeld) trifft die Technologie besser als RF welche wirkliche Abstrahlung von Wellen suggeriert. 2002 war die NFC-Spezifikation abgeschlossen. Wie bei Bluetooth und WLAN entstand bald darauf 2004 ein NFC-Forum in der man die weitere Entwicklung koordinierte. Als Mobilfunkhersteller war Nokia in diesem Forum. Nokia war auch der erste Mobilfunkhersteller welcher NFC in einem Gerät verbaut hat.

NFC hat drei verschieden Modi:

  • Card Emulation Mode
  • Peer to Peer Mode
  • Reader oder Writer Mode

Im Card Emulation Mode, verhält sich ein NFC-Gerät, etwa ein Smartphone mit NFC wie eine Chipkarte in dem sich ein RFID-Chip befindet. Dadurch ist es möglich das Smartphone wie eine Bank- oder Kreditkarte zu verwenden. 

Im Peer to Peer Mode können zwei NFC-Geräte Daten untereinander austauschen, wenn sie in unmittelbarer Nähe zueinanderstehen. Diese Funktionalität kann z.B. genutzt werden um zwei Geräte miteinander zu paaren (etwa für Bluetooth) oder bei einer WLAN Access Point anzumelden.

Im Reader oder Writer Mode kann ein NFC-Gerät Informationen von RFID-Tags lesen (oder Schreiben). Ein RFID-Tag entspricht etwa einem Etikett, welches an einem Produkt angebracht werden kann. Statt einen Barcode oder einen QR-Code zu lesen, liest man den Inhalt des RFID-Chips.